Zur Überfremdungsdebatte in der Kulturzeitschrift „Wissen und Leben“ (1907‒1923)

Ausgabe 1 /2017

Dariusz Komorowski; Universität Wrocław

Die seit einigen Jahren in der Öffentlichkeit der Schweiz und anderer europäischen Länder intensiv geführte Debatte über die „Überfremdungsfrage“ hat eine lange Geschichte. Der Begriff selbst wurde in der Schweiz mit einer großen Wahrscheinlichkeit um 1900 durch den Armensekretär Carl Alfred Schmid zum ersten Mal verwendet. Um 1910 greift „Wissen und Leben“ das Thema parallel zur „nationalen Frage“ auf. Ernest Bovet, ein Zürcher Romanist und der Herausgeber von „Wissen und Leben“ setzt sich zum Ziel, eine Zeitschrift zu gründen, die nicht nur überregional sondern auch verschiedenen Weltanschauungen gegenüber offen sein sollte. Demzufolge publizieren in „WuL“ prominente Meinungsführer wie Bovet selbst, Charles Ferdinand Ramuz, Leonard Ragaz oder Gonzague de Reynold. Neben ihnen kommen aber auch rassistisch fundierte Meinungen solcher Autoren wie Alexander von Senger oder Max Koller zum Ausdruck. In der Debatte, die sich grundsätzlich auf die Frage konzentriert, wie reduziert man die „Überfremdung“, gewinnt die Position von Alphonse Maeder einen besonderen Wert. Maeder sieht den Grund für die Ausländer ablehnende Haltung der Schweizer in ihrem mangelnden Selbstbewusstsein. Er postuliert dessen Stärkung, um Ausländer ohne Furcht, dass eigene Kultur „entschweizert“ wird, assimilieren zu können. Die Debatte in „WuL“ wird aus einer national-kulturellen und bürgerlich-imperialen Perspektive geführt. Die Stimme eines Maeders bleibt vereinzelt.

Schlüsselwörter:
Überfremdung, „Wissen und Leben“, nationaler Diskurs, die Schweiz

On the „Überfremdung-Debate“ in the cultural journal „Wissen und Leben“ (1907 ‒ 1923)
The debate, which has been intensively held for several years in the public of Switzerland and other European countries, has had a long history. The term itself was most likely used in Switzerland around 1900 by Carl Alfred Schmid for the first time. Around 1910, „Wissen und Leben” raised the issue parallel to the „national question”. Ernest Bovet, a Zurich romanist and the editor of „Wissen und Leben”, was aiming to found a journal which should not only be over-regional but also open to different world views. As a result, prominent opinion leaders such as Bovet himself, Charles Ferdinand Ramuz, Leonard Ragaz, or Gonzague de Reynold published in „WuL”. In addition to these, however, racist opinions were also expressed by such authors as Alexander von Senger and Max Koller. In the debate, which basically concentrated on the question of how to reduce the „Überfremdung”, the position of Alphonse Maeder gained a special value. Maeder saw the reason for the non-alien attitude of the Swiss in their lack of self-confidence. He stated its empowerment to assimilate foreigners without fear that their own culture was „desecrated”. The debate in „WuL” was guided by a national-cultural and bourgeois-imperial perspective. The voice of Maeder remains single out.

Keywords:
Überfremdung, “Wissen und Leben”, national discourse, Switzerland

„Fremdenfrage“, „Überfremdung“, „Überflutung mit Fremden“, „wirtschaftliche Überschwemmung“ sind nur einige der Bezeichnungen, die in den ersten zwei Dezennien des 20. Jahrhunderts gebraucht werden, um das gespannte Verhältnis der einheimischen Bevölkerung zu den „Fremden“ auszudrücken. Die öffentlich ausgetragene Debatte erfährt ihren Höhepunkt um 1910, der im Titel genannte Begriff „Überfremdung“ hat aber eine um einige Jahre längere Geschichte. Wie Hans Ulrich Jost feststellt1, wurde der Begriff in der Schweiz mit hoher Wahrscheinlichkeit vom Zürcher Armensekretär Carl Alfred Schmid in seinem 1900 erschienenen Essay Unsere Fremdenfrage zum ersten Mal verwendet. Während um 1900 nur vereinzelt von der „Überfremdung“ gesprochen wird, eignet sich die Öffentlichkeit diesen Begriff relativ schnell an, so dass er schon 1914 in einem Bericht des Eidgenössischen Politischen Departements Eingang in die offizielle Amtssprache gefunden hat.2 Aufgrund der Multikulturalität der Eidgenossenschaft zeichnet sich Anfang des 20. Jahrhunderts eine dreifache Dimension des Fremden ab: intern schließt sich der kulturellen Andersheit einzelner Kulturräume eine regional orientierte Fremdheit an; nach außen wird das Fremde einer national-kulturell fundierten Eigenheit gegenübergestellt.

Bilder, derer man sich dabei bedient, haben eine viel frühere Provenienz. Die Generierung der Fremdheitsbilder begann schon im 16. Jahrhundert gleichzeitig mit der Berichterstattung der europäischen Entdecker von Überseegebieten, die dank der Erfindung des Drucks in Form von Chroniken in ganz Europa Popularität erlangen konnten.3 Einen deutlichen Wendepunkt in der Wahrnehmung des Anderen bringt die Zeit des Imperialismus und der Kolonisation, in der man zum großen Teil auf das Bildreservoir aus der Entdeckungszeit griff und sich des Bildes vom „bösen Wilden“ bediente, um die expansionistischen Aktivitäten den Fremden gegenüber legitimieren zu können. Caduff, und nicht nur sie4, setzt das „böse Fremde“ mit dem in der eigenen Kultur unterdrückten Anderen in Verbindung und zählt demzufolge einige Merkmale auf, die in jener Zeit dem Fremden zugeschrieben werden. Zu Zielscheiben des imperialistischen Feldzugs, wie sie schreibt, erklärt der imperiale Diskurs das Nicht-Christliche, den Körper, die Natur und das Weibliche.5 Veranschaulicht wird diese, übrigens europaweite, Tendenz 1896 auf der Landesausstellung in Genf, wo ein Dorf eingerichtet wurde, in dem ca. 200 Senegalesen zur Schau gestellt wurden. Die nach Zürich chronologisch zweite Landesausstellung setzte sich zum Ziel, „ein übersichtliches Bild der Leistungsfähigkeit des Schweizer Volkes“6 zu präsentieren. Die gezielte Zusammenstellung der technischen Leistung der schweizerischen Industrie, wie z.B. der ersten elektrischen Bahn mit einer Gruppe von Afrikanern, die ihr alltägliches Leben vorspielten, konnte nicht klarer die angebliche Überlegenheit der Eidgenossen über die zum Teil Abscheu erregenden Afrikaner gezeigt haben.7 Das kollektive Gefühl der Dominanz konnte allerdings nur aufgrund des bereits vorhandenen Zusammengehörigkeitsbewusstseins empfunden werden. Der Bildungsprozess der nationalen Identität wird von Anfang des 18. Jahrhunderts an u.a. infolge des wachsenden Tourismus aus dem Ausland und der florierenden Fremdenindustrie wesentlich intensiviert. Einen besonders fruchtbaren Boden findet der allgemeinschweizerische Nationsbildungsprozess in den Regionen der sprachlichen Minderheiten8, was in den Arbeiten der frühen Helvetisten wie Doyen Philippe-Sirice Bridel und später Rodolphe Töpffer seinen Ausdruck findet. Da die Selbstwahrnehmung in der welschen Schweiz in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum großen Teil durch den von den Ausländern9 vorgehaltenen Spiegel geprägt wird, erscheint der Fremde in einem zweifachen Licht: einerseits als ein nicht unbedingt erwünschter Korrektor der schweizerischen Identität; zweitens in einer Art Kompensationsmechanismus als ein oberflächlicher Gaffer10, der nicht dem wahren Interesse an der Kultur der Eidgenossenschaft, sondern lediglich der Mode folgend, die schöne Schweiz mit ihren Sitten und Werten zertrampelt: „Die Schweiz von einst war eine schöne, keusche Jungfrau, einsam und ungezähmt […] Da kamen der Reihe nach alle Gaffer des ganzen Kontinents, alle Blasierten aus Großbritannien herbei.“11 Töpffer spricht hier das Motiv der Enteignung der Schweiz an, das bis ins 20. Jahrhundert hinein die Öffentlichkeit beschäftigen wird.12 Die Selbstbestimmung der Welschen als Schweizer erfolgt aber bis Ende des 19. Jahrhunderts grundsätzlich nicht in der Opposition zu Kulturfremden, sondern durch die Behauptung gegen Paris. Die Sorge um den Zusammenhalt der multikulturellen Nation steht im Vordergrund. Zu der Zeit wird, wie Maggetti betont, der nicht frankophone Schweizer von den Romands näher empfunden als der Franzose.13 Eine Änderung in der Wahrnehmung des Fremden vollzieht sich nach der Wende zum 20. Jahrhundert, als die Anzahl der in der Schweiz lebenden Ausländer wesentlich gestiegen ist. Von nun an fällt es einem schwer, um Maggetti noch einmal zu bemühen, den Fremden eindeutig zu bestimmen.14 An die Vorstellung vom Fremden als Ausländer gesellt sich ein stark regional orientiertes Selbstverständnis, das im Werk von Charles Ferdinand Ramuz ein prägnantes Beispiel findet. Das dem Boden entspringende Zugehörigkeitsbewusstsein des überzeugten Regionalisten aus dem Waadtland führt im Gegensatz zur Idee vom Helvetismus zur Akzeptanz einer kulturellen Einheit mit Frankreich. Der Fremde ist bei Ramuz nicht nur der nicht frankophone Ausländer, sondern auch „der Einwohner aus dem Dorf gegenüber, aus dem benachbarten Tal, aus diesem oder jenem Kanton, mehr noch, wenn dieser ‚Nachbar‘ eine andere Sprache spricht – in diesem Fall hat die eidgenössische Bande nicht mehr viel Gewicht.”15 Es zeichnet sich in der welschen Schweiz ein Bild des Fremden ab, das zwischen dem Ausländer, dem nicht frankophonen Ausländer und weiterhin dem Einwohner eines benachbarten Tals variiert.

In der deutschen Schweiz prägt die Entstehung des Deutschen Reiches wesentlich das Verhältnis der Eidgenossen zu ihrem nördlichen Nachbarn. Einerseits ruft sie eine Begeisterungswelle, andererseits ein gesteigertes Bedürfnis nach Abgrenzung hervor. Die zum Ende des 19. Jahrhunderts herrschende Freizügigkeit und relativ hohe Einkommen verursachen, dass die Eidgenossenschaft zu einem Einwanderungsland wird.16 Unter den Einwanderern bilden in den 1880er Jahren die Deutschen mit ca. 40% die größte Gruppe, gefolgt von den Italienern und Franzosen.17 Außer den in der Schweiz erfolgreich gewordenen Industriellen wie z.B. Walter Boveri oder Henri Nestlé und Universitätsprofessoren kommen auch Arbeiter, was schon bald zu Spannungen führt, die sich u.a. in dem Käfigkrawall in Bern und dem Italienerkrawall in Zürich entladen. Bevor jedoch die Italiener zum Objekt der Ausschließungspostulate werden, erklärt Gottfried Keller den „Scherg“ von jenseits des Rheins zur Fremdenfigur der deutschen Schweiz.18 Während Kellers Verhältnis zum Deutschen Reich zwischen Distanzierung und Sympathie wankt, bekennt sich Conrad Ferdinand Meyer in voller Überzeugung zur Stammeseinheit mit den Deutschen.19 Die zunehmende wirtschaftliche und kulturelle Expansion der Deutschen in der Schweiz lässt aber allmählich eine abwehrende Haltung aufkommen. Man fängt an, in Bezug auf das Deutsche Reich vom kulturellen Imperialismus zu sprechen, wie es z.B. Jakob Frey gemacht hat.20 Mit dem Anfang des 20. Jahrhunderts verliert die Frage nach der eigenen kulturellen und nationalen Identität sowie nach dem Bild des Fremden in der Literatur an Bedeutung.21 Stattdessen entfaltet sich eine intensive Debatte in Zeitschriften, an der sich Intellektuelle aller politischen Couleur beteiligen.

Eine besondere Stelle nimmt in der breit gefächerten Diskussion die Zeitschrift Wissen und Leben ein, die sich von deren Gründung 1907 an bis 1923 unter der redaktionellen Leitung von Ernest Bovet, einem Romanistikprofessor an der Universität Zürich, befindet. Sein Nachfolger wird Max Rychner, unter dessen Leitung die Zeitschrift 1925 einen neuen Namen Neue Schweizer Rundschau erhält. Die von Bovet ins Leben gerufene Kulturzeitschrift verstand sich nicht nur als Vermittlerin zwischen verschiedenen Wissensdisziplinen, sondern dank ihrer Zweisprachigkeit auch zwischen einzelnen Kulturen innerhalb der Schweiz. Die programmatische Ausrichtung der Zeitschrift auf die Stärkung der „schweizerisch-nationalen Integration“22, die zum Teil dem Zeitgeist entgegenkommt und zum Teil in der persönlichen Prägung des Gründers fundiert ist, bringt das besondere Verhältnis der Schweiz zum Fremden an den Tag.

Ernest Bovet, in einem bürgerlich-liberalen Milieu in Lausanne aufgewachsen, schließt das Gymnasium in Bern ab und studiert dann Romanistik an der Universität Zürich. Ab 1906 engagiert er sich in Arbeiten des Schweizerischen Heimatschutzes, dem er in den Jahren 1912 ‒ 1918 vorsteht.23 Diese vielfache Prägung bleibt nicht ohne Wirkung auf seine Weltanschauung und Haltung anderen Kulturen und Nationen gegenüber. Dies drückt sich deutlich in seinem Engagement für die schweizerische Diplomatie und den Frieden aus, als er sich dem Dienst in der Schweizerischen Vereinigung für den Völkerbund widmet, wo er das Amt des Generalsekretärs übernimmt.24 In diesem Moment stellt er seine Arbeit an Wissen und Leben ein.

Mit Wissen und Leben, als einer zweisprachigen Kulturzeitschrift, ist Bovet ein Unterfangen gelungen, das bis dahin selten vorgenommen wurde und wenn schon, dann mit bescheidenem Erfolg.25 Dass Wissen und Leben, auch unter dem geänderten Namen, über Jahre hinweg eine breite Wirkung und Anerkennung in der Öffentlichkeit finden kann, verdankt sie nicht nur ihren Hauptredakteuren Bovet und dann Rychner, sondern auch einer Reihe ausgezeichneter Intellektueller und Fachleute, die für die Zeitschrift schreiben. „Prominente Meinungsführer aus der Wirtschaft, Politik und Armee“26[1], wie Utz schreibt, publizieren auch in anderen Zeitschriften und Zeitungen, was dafür sorgt, dass die Zeitschrift gut vernetzt ist und auf breites Lesepublikum zählen kann. Umso interessanter aus der Position der gegenwärtigen Forschung erscheint die Art und Weise, wie die Fremdenfrage in der anerkannten Zeitschrift behandelt wird. Die Debatte über die „Ausländerfrage“, wie sie synonym bezeichnet wird, wird zweispurig geführt. Zuerst konzentrieren sich einige Beitragsautoren auf die Bestimmung dessen, was man als schweizerisch im nationalen Sinne bezeichnen kann, und erst vor diesem Hintergrund wird der Frage nach dem Fremden und seiner Position in der Schweiz nachgegangen. Ihre Höhepunkte erreicht die Debatte in Wissen und Leben in den Jahren 1908 ‒ 1911 und dann in den ersten Jahren des Ersten Weltkriegs, ihr Verlauf und vor allem ihre Begrifflichkeit wurde aber zum großen Teil durch den bereits erwähnten Beitrag von Carl Alfred Schmid von 1900 geprägt. Schmids Publikation geht auf einen Wettbewerb zurück, der durch die Stiftung von Schnyder von Wartensee für Kunst und Wissenschaft ausgeschrieben wurde, und der von den Beteiligten eine praxisorientierte sowie Sanierungsvorschläge beinhaltende Abhandlung verlangte. Die von Schmid verfasste Analyse war die einzige, die eingereicht wurde27 und fand keine Anerkennung bei den Begutachtern der Stiftung von Schnyder von Wartensee.28 Doch spätere Auftritte mancher Intellektueller zeugen davon, dass Schmids Text gelesen und relativ populär wurde.29 Bereits im ersten Satz erhält seine Analyse einen auffälligen Charakterzug, wenn Schmid sagt: „Die Unaufhaltsam, insbesondere seit 1890 vor sich gehende Fremdeneinwanderung in die Schweiz […] hat nachgerade den Charakter einer eigentlichen Invasion angenommen.“30 Weiterhin greift er noch mehrmals auf diese Bezeichnung zurück, die einen Kontext herstellt, in dem das Schweizer Volk in seiner Kohärenz gefährdet wird. Diese „Invasion“ nimmt, Schmid zufolge, dermaßen zu, dass „eine so hochgradige Überfremdung der Schweiz stattfindet, dass ihre nationale Existenz nur durch ein Wunder denkbar ist“31. Diesem Wunder sollte man auf allen administrativen Ebenen – der bundesstaatlichen, kantonalen und Gemeindeebene – nachhelfen, vor allem durch eine entsprechende Erhöhung der Einbürgerungsfrequenz, was benachbarte Staaten, wie z.B. Frankreich schon längst eingeführt haben. Wenn die Schweiz dies unterlassen würde, dann hätte man einen nationalen Rechtsstaat, ein großes Bundesrecht, aber keine schweizerische Nation dazu.32 Im Laufe der folgenden Jahre kristallisiert sich ein Muster heraus, nach dem die „Ausländerfrage“ behandelt wird. Es setzt eine Assoziationskette Ausländer-Abnormität-Gefahr voraus.33 Es ist dabei zu bemerken, dass die Debatte um die „Ausländerfrage“ sich bis 1910 grundsätzlich auf Expertendiskussionen vor allem im parlamentarischen Bereich beschränkte. Das war der Fall z.B. während der Parlamentsdebatte zum Bundesgesetz „betreffend die Erwerbung des Schweizerbürgerrechtes und den Verzicht auf dasselbe“, die 1903 stattgefunden hat.34 In den Jahren 1910/11 intensivierte sich die Auseinandersetzung mit der „Fremdenfrage“ dermaßen, dass Regula Argast sogar von einem diskursiven Ereignis „Ausländerfrage“ spricht.35 Auf diese Jahre fällt auch die einschlägige Diskussion über die „Überfremdung“ in Wissen und Leben, die parallel zur Befragung der eigenen nationalen und kulturellen Identität verläuft. Der Zeitschrift fällt dabei eine schwierige Aufgabe zu, eine Position für sich selbst in dem Feld zu finden, das einerseits durch liberale, republikanisch fundierte Bestrebungen zur Integration der Ausländer, andererseits durch den ethnisch-national untermauerten Willen zur Abwehr der Fremden abgesteckt wird. Eine Schwierigkeit besteht darin, dass Ernest Bovet die Zeitschrift als ein Forum des Gedankenaustausches versteht, das an eine „vernünftig räsonierende Öffentlichkeit“36 gebunden wird. Diese in der aufklärerischen Moralphilosophie verwurzelte Grundvoraussetzung führt dazu, dass Wissen und Leben ihre Seiten u.a. auch solchen Autoren wie Alexander von Senger oder Max Koller zur Verfügung stellt, mit deren rassistisch fundierten Ansichten der Hauptredakteur nicht einverstanden ist. Als Reaktion auf jene Autoren sieht er sich oft zur persönlichen Stellungnahme gezwungen. Solche Beiträge, wie jener von Senger, in dem der Autor „mongoloiden Verfall der europäischen Kultur denunziert“37, bleiben jedoch Ausnahmen, da sie, um mit Utz zu sprechen, „dem kulturellen Vermittlungsprogramm der Zeitschrift diametral entgegenlaufen“38. In seiner Replik auf Sengers Text betont Bovet, dass die Schweizer der Rassenideologie eine Nation und somit „der blinden Natur das Bewusstsein“39 entgegenstellen. Nationen versteht Bovet in Anlehnung an seinen Mentor und Vorgänger an der Universität Zürich, Heinrich Morf, als „historische Kulturgruppen“, die ihren Zusammenhalt aus „gemeinsame(n) historische(n) Erinnerungen an Kampf und Sieg, an Leid und Freude, gemeinsame(n) ideale(n) und materielle(n) Interessen der Gegenwart und gemeinsame(n) Aspirationen für die Zukunft“40 schöpfen. Die nationalen Kulturformationen blieben von fremden Einflüssen nicht ausgeschlossen, ihre Aufgabe bestehe aber darin, jene fremde Bildung, wie Bovet sie nennt, „zu einer eigenen Kultur [zu] verarbeiten, […] sie [zu] assimilieren und [zu] befruchten“41 mit dem Schweizer Geist. „Bildung kann entlehnt werden; sie liefert das Material von links und rechts; die Nation gibt den Geist; und Kultur ist Schöpfung. Keine Nation ohne Kultur; und keine Kultur ohne Nation.“42 Mit der Nation als einer höheren Organisationsform verbindet Bovet eine Notwendigkeit ihrer Expansion. Neben einer unverhüllten Bewunderung für die großen Nachbarnationen wird ihm jedoch dabei auch eine Gefahr für die Schweiz bewusst, der vorzubeugen ist: „Diese mächtigen Nachbarn drücken auf uns, nicht aus Bosheit, sondern einfach notwendig; das ist die äußere Gefahr, ‒ die innere Gefahr ist in den vielen Fremden unter uns […].“43 Die Furcht vor den Fremden geht zum Teil auf ihre relativ große Anzahl in der Schweiz zurück, die von 2,6 Prozent im Jahr 1837 auf 14,7 Prozent im Jahr 1910 gestiegen ist. Das ist zu jener Zeit europaweit der höchste Anteil der ausländischen Bevölkerung in einem Staat.44 Einwanderer aus den Nachbarländern werden in solchen Statistiken am meisten vertreten, wobei die Deutschen mit 40% mit Abstand die größte Migrantengruppe bilden.45 In den großen Städten sehen die Proportionen noch ungünstiger für die einheimische Bevölkerung aus. Im Jahr 1910 bildeten z.B. die ausländischen Staatsangehörigen ein Drittel der Zürcher Bevölkerung.46 Auf solche Angaben greift auch Alfred Schmid zurück, wenn er erneut – diesmal in Wissen und Leben – das Wort zur Ausländerfrage ergreift. Er lässt es aber nicht bei der Angabe des Anteils der ausländischen Bevölkerung bewenden, sondern stellt einen Vergleich mit Nachbarstaaten an:

Nach der Volkszählung von 1900 kamen bei uns auf 1000 Einwohner 116 Fremde; in Italien sind es nur 9, in Deutschland 14, in Österreich 20 und in Frankreich 32 […] Im Jahr 1850 hatten wir erst 3 Prozent Fremde, 1870 waren es 5,7, 1888 7,9 Prozent. Geht es so weiter, so werden es 1912 17 Prozent sein und 1963 wird die Zahl der Ausländer diejenige der Schweizerbürger eingeholt haben.47

In der Zeit, in der die Nationalstaaten in der Geschichte jeweils gemeinsame Wurzeln suchen und für eine sprachliche und kulturelle Homogenität stehen, werden die Ausländer als eine Art Störfaktor betrachtet.48 Da Bovet auch von einer schweizerischen Nation schwärmt, die er im „nebulösen“ (Utz) alpinen Geist verankern will, fürchtet er wie viele seiner Zeitgenossen fremde Einflüsse. Bovets ablehnende Antwort auf die Senger’sche Konzeption einer rassistisch fundierten Identität der Schweiz führt die weitere Diskussion in Wissen und Leben vor allem in den kulturellen Bereich hinüber, der innerlich differenziert bleibt. Bovets Vorstellungen von der Eigenständigkeit der schweizerischen Kultur widersprechen zum Beispiel der Konzeption von Eduard Blocher, der dem Alldeutschen Verein vorsteht und der eine Verwandtschaft der schweizerischen Kulturen mit jenen der Nachbarländer akzentuiert. Im Gegensatz zu Maggettis oben herangezogener Behauptung, der nichtfrankophone Schweizer wäre um 1900 einem welschen näher als ein Franzose, sieht Blocher eine viel größere Verwandtschaft eines deutschschweizerischen Bauern mit einem süddeutschen als mit einem frankophonen:

Wenn ein Schaffhauser Bauer zwischen seinem badischen Hofnachbarn und einem Bauern aus dem Greyerzerland drin steht, so hilft es ihm zunächst sehr wenig, dass man ihm sagt, der Greyerzer sei auch ein freier Schweizer. Denn sobald er mit den beiden in Verkehr treten will, so muss er sich trotz allem an den halten, mit der er sich verständigen kann, also an den Badener.49

Während Blocher die Einigkeit der Schweizer im Politischen sieht, verbindet sie Bovet mit der Kultur. Die Selbstwahrnehmung als kulturelle Einheit ist u.a. der Grund, warum Schmids Einsatz für den erleichterten Einbürgerungsprozess oder sogar die Zwangseinbürgerung auf einen ziemlich heftigen Widerstand stieß. Die Kritiker eines solchen Verfahrens möchten keine „Papierschweizer“ in ihrem Land haben. Jene würden lediglich über den Schweizer Pass verfügen, im Inneren blieben sie aber Ausländer. Zu einer der wichtigsten Parolen in der Debatte wird dementsprechend die Assimilation, die 1898 vom Nationalrat Theodor Curti entschieden vorgetragen wird. Curti verstand unter der Assimilation eine „staatsbürgerliche Integration der in der Schweiz lebenden Ausländer in ‚die schweizerische Staatsbürgernation‘, eine Integration also, die aus der Übernahme von Pflichten und der Wahrnehmung politischer Mitspracherechte bestand“50. Das Postulat der vereinfachten Einbürgerung vor allem für die in der Schweiz geborenen und erzogenen Kinder ist bei Curti u.a. auf eine zu der Zeit gängige Überzeugung zurückzuführen, dass die Schweizer Bürger wegen ihrer Wehrpflicht auf dem einheimischen Arbeitsmarkt gegenüber den Ausländern benachteiligt würden. Diese Behauptung wird dann 1910 durch das Eidgenössische Statistische Bureau revidiert, eine starke ausländische Erwerbskonkurrenz wird aber im ersten Dezennium des 20. Jahrhunderts oft als Argument für die Vereinfachung der Einbürgerungsprozedur oder sogar für die Zwangseinbürgerung verwendet. An Curtis Gedankengang knüpft Rudolf Bollinger, der sich gegen die Kritiker der vereinfachten Einbürgerung richtet, indem er ihnen „ein gedankenschwaches, selbstgefälliges Spielen mit patriotisch klingenden Redensarten“51 vorwirft. Für ihn, wie auch für Curti, ist die Zugehörigkeit zur staatsbürgerlichen Gemeinschaft ausschlaggebend.

Während des Ersten Weltkriegs nimmt die Debatte an Schärfe zu, was sich z.B. in der Berufung auf die rassistisch fundierten Ausführungen von H. S. Chamberlain äußert. Seiner Forderung nach dem Erhalt der Reinheit der Rassen folgt z.B. Max Koller in seinem 1915 in Wissen und Leben publizierten Beitrag, in dem er schon am Anfang einen pathetischen Ton anschlägt. Er spricht über eine Kulturaufgabe, die die Schweiz angesichts der zivilisatorischen Katastrophe hinnehmen muss. Er verklärt die schweizerische Demokratie, die er zu einem „hohen Ideal der Formen menschlicher Gemeinschaft“52 erhebt. In der Schweiz sieht er eine Vervollkommnung des Zusammenhalts verschiedener Kulturen: „unser Land ist ein kleines Deutschland, ein kleines Frankreich und ein kleines Italien zusammengefasst“53, die imstande seien friedlich zusammen zu leben. Dies mache die Eidgenossenschaft zu einem auserwählten Muster für andere Länder, zu einem Inbegriff Zentraleuropas, zum „Zentrum der besten Kultur der Erde“54. Diese Vielfalt und Differenziertheit gelte es zu bewahren, denn in ihrem Zusammensein stecke der Vorteil des kleinen Staates. Aus diesem Grund sieht Koller in der „Masseneinwanderung eine ernste Gefährdung“55 der Kulturaufgabe. Es geht ihm nicht nur um die Anwesenheit der Ausländer in der Schweiz, sondern ganz präzise um ihre Präsenz in jeweils unterschiedlichen Kulturregionen. Er spricht von „Scharen von Italienern“56, die sich „herdenweise“ in der deutschen Schweiz installieren.57 Ähnliches konstatiert er in Bezug auf die Westschweiz, wo es sich „allzuviele Deutsche und deutschschweizerische Elemente heimisch machen“58. Die Kulturaufgabe der Schweiz sieht er in der „möglichsten Reinhaltung ihrer Stämme“59. Es verwundert nicht, dass für Koller das Erdenklichste vorgesehen werden sollte, um die „fremden Elemente von einer Einverleibung in [das schweizerische] Bürgertum fernzuhalten.“60 Es überrascht aber auch nicht, dass Ernst Bovet den Artikel mit einer Fußnote versieht, in der er sich als Redakteur zu Kollers Ausführungen, die ihn befremden, entschieden distanziert.61 Nicht einmal ganze drei Monate später schreibt A. Maeder62 einen Beitrag für Wissen und Leben, in dem er im Geiste des dem Hauptredakteur so nahen Helvetismus von dem Erwachen der schweizerischen Nationalliteratur und einer echten schweizerischen Kunst schwärmt. Auch er spricht eine Aufgabe an, die der Schweiz aufgebürdet wird, jene sieht er aber in der Stärkung des Schweizer Geistes, des Schweizertums. Nur dann, gestärkt und selbstbewusst, kann die Schweiz ihre abwehrende Igelstellung überwinden und die Ausländer assimilieren. Maeder sieht den Grund für die Ausländer ablehnende Haltung der Schweizer in ihnen selbst, in ihrem Mangel an Selbstvertrauen. In der Debatte der Intellektuellen sieht er eine Chance zur Überwindung dieser Schwäche. Als Psychotherapeut versucht er die individualpsychologischen Prozesse auf das Volk zu übertragen:

Ich […] erwarte, dass mit der Befestigung des Nationalempfindens, mit dem tieferen Erfassen unseres demokratischen und freiheitlichen Ideals, mit dem gekräftigten Bewusstsein der Existenzberechtigung und kulturellen Bedeutung unseres kleinen Staates mitten unter den Großmächten, sich die Abwehrstellung des Schweizers gegen den einzubürgernden Ausländer vermindern wird.63

Bovet, Bollinger und Maeder stehen für eine den Ausländern gegenüber aufgeschlossene Haltung, die das Eigene zwar hervorhebt, dieses aber in einer dialektischen Beziehung mit dem Fremden sieht. Das aufnehmende Moment der schweizerischen Kultur visiert ihre Bereicherung an.

Die zum offiziellen Problem erklärte „Überfremdung“ deckt jedoch auch eine zusätzliche Dimension der sozialen Spannungen am Anfang des 20. Jahrhunderts in der Schweiz auf. Sie ist mit den gesellschaftlichen Veränderungen verbunden, die auf die schnell voranschreitende Industrialisierung und die zwar nicht offensichtliche aber doch klare imperiale Politik der Schweiz zurückzuführen sind.64 Die Teilnahme der Schweiz an kolonialen Prozessen und die Herausbildung der imperialen Haltung beeinflusst wesentlich die Sicht auf den Fremden.65 Die imperiale Politik wird durch die Bildung einer Hierarchie gerechtfertigt, in der die europäische Zivilisation viel höher gestellt wird als die der zu kolonisierenden Regionen. Demzufolge konnten die „untergeordneten Rassen“ mit reinem Gewissen ausgebeutet werden.66 Dieses koloniale Denkmuster wird auf die sozialen Verhältnisse im Kapitalismus übertragen. Wie Jost in Anlehnung an Todorov feststellt: „Wird das Konzept der Unterordnung von Völkern und Rassen auf die Kultur des Kapitalismus übertragen, so finden wir uns im System der Ausbeutung des einen durch den anderen, des Barbaren durch den Zivilisierten – und letztlich auch des Arbeiters durch den Unternehmer.“67 Der ausländische Arbeiter, zu jener Zeit vor allem aus Italien, wird mit dem unzivilisierten Barbaren gleichgesetzt, der vielleicht geduldet wird, zu einem „echten Schweizer“ kann er aber nur ausnahmsweise werden. Darüber hinaus erscheinen seine sozialen Forderungen notwendigerweise als unberechtigt. Sie zeugen lediglich davon, dass die ausländischen Arbeiter die bürgerlich fundierte Ordnung nicht verstehen, sie werden als „Fremdkörper“68 im schweizerischen Volksleben betrachtet. Diese Denkmuster kommen sehr deutlich in der Sprache zum Ausdruck, in der die Ausländer dehumanisiert – man spricht von „fremden Elementen“ ‒, oder als Tiere betrachtet werden – Koller sagt im oben angeführten Zitat, dass die Arbeiter „herdenweise“ installiert werden.

Es zeichnet sich eine Überfremdungsdebatte ab, die zwar in der Kulturzeitschrift Wissen und Leben geführt wird, in der aber die in der Öffentlichkeit erwogenen Argumente und Denkmuster fokussiert werden. Die Wahrnehmung des Fremden prägen zugleich der nationale und der imperiale Diskurs. Die Überfremdungsfrage wird von dem Moment an, in dem sie gestellt, konstruiert wird, konsequenterweise aus einer national-kulturellen und bürgerlich-imperial fundierten Dominanzperspektive behandelt. Eine solche Stimme wie die von Maeder, die sich sogar der geläufigen Nomenklatur widersetzt, bleibt vereinzelt.

 


  1. Hans Ulrich Jost: Die reaktionäre Avantgarde. Die Geburt der neuen Rechten in der Schweiz um 1900. Zürich 1992, S. 93.
  2. Ebenda, S. 94.
  3. Vgl. Corina Caduff im Vorwort zu: C. Caduff (Hg.): Figuren des Fremden in der Schweizer Literatur. Zürich 1997, S. 8.
  4. Vgl. A. Wierlacher, der das Fremde im Kontext der Alterität definiert.
  5. Caduff, S. 8.
  6. Bericht zuhanden der GPK-SR, Schweizerisches Bundesarchiv, Sign: 056.3-07, S. 5.
  7. Vgl. auch: Marc Tribelhorn: Begaffte Exoten. In: NZZ vom 19.09.2016, URL: http://www.nzz.ch/schweiz/aktuelle-themen/das-negerdorf-der-landesausstellung-1896-begaffte-exoten-ld.117424. Zugriff am 24.10.2016.
  8. Daniel Maggetti: Eindringlinge, Verführerinnen und Vandalen. Das Fremde in der welschen Literatur (1830-1914). In: C. Caduff, op.cit., S. 92‒108, hier S. 93.
  9. Die Kategorie des Ausländers ist zu der Zeit nichts Neues, aber sie ist auch nicht allzu alt. Sie geht auf die Französische Revolution zurück, die Bedingungen für die Entstehung der modernen, einheitlichen und national orientierten Staatsbürgerschaft schuf. Dazu gehören: Gleichheit aller Mitglieder vor dem Gesetz, politische Teilnahmerechte, Stärkung der Staatsgrenzen und Bestimmung für das ganze französische Territorium, wer als Franzose gelten darf. Vgl.: Regula Argast: Staatsbürgerschaft und Nation. Göttingen 2007, S. 92‒93.
  10. Ebenda, S. 94.
  11. R. Töpffer: La partie pittoresque des voyages de de Saussure. In ders.: Mèlanges. Genf/Paris 1852, S. 100. Hier zit. nach D. Maggetti, op. cit., S. 94.
  12. Dies z.B. in der „nationalen“ Debatte, die um 1910 in der Zeitschrift Wissen und Leben geführt und später in diesem Beitrag näher besprochen wird. Am Anfang des 20. Jahrhunderts sieht C.A. Loosli die Gefahr der Enteignung des Schweizer Volkes angesichts der Fremdenindustrie. Er warnt vor dem Herabsinken zur „Portiernation“, die sich unter dem Einfluss des zahlenden Fremden „entschweizert“. Siehe: C.A. Loosli: Fremdenindustrie und Nationalwohlstand. In: Berner-Bote. II. Jahrgang, Nr. 53, vom 5. Juli 1905. Mehr dazu: Dariusz Komorowski: Ein Intellektueller im Narrenhabitus. Carl Albert Looslis Publizistik in der nationalen Identitätsdebatte um 1900. Würzburg 2014, S. 203‒212.
  13. D. Maggetti, op.cit., S. 102.
  14. Ebenda, S. 103.
  15. Ebenda, S. 105.
  16. Thomas Maissen: Geschichte der Schweiz. Baden 2010, S. 224‒226.
  17. Ebenda, S. 225.
  18. So deutet dieses Motiv aus Kellers Gedicht Gegenüber auch Rémy Charbon, der zugibt, dass der Dichter sich eigentlich vom Deutschen Reich nur teilweise distanzierte. Gestört hat ihn vor allem der preußische Militarismus, der das Reich mitprägte, verspürte aber eine geistige Verwandtschaft mit dem nördlichen Nachbarn. Vgl.: Rémy Charbon: Zweieiige Zwillinge? – Schweizer Schriftsteller und Deutsches Reich 1871-1914. In: C. Caduff, op.cit. S. 109-129, hier 112-115. Zur Kontroverse um das Gedicht siehe auch: Dominik Müller: „Wo, ungestört und ungekannt, ich Schweizer darf und Deutscher sein!” Gottfried Keller im Spannungsraum zwischen der Schweiz und Deutschland. In: Jahrbuch für Internationale Germanistik. Jg. XXIX, Heft 1, Bern/Berlin: Lang, 1997, S. 85‒104.
  19. Vgl.: R. Charbon, op.cit., S. 115.
  20. Ebenda, S. 121.
  21. Ebenda, S. 124.
  22. Peter Utz: Anspruchsvolle Anstrengungen helvetischer „Kulturträger“: die Anfänge der schweizerischen Kulturzeitschrift ‚Wissen und Leben‘. In: Ulrich Mölk (Hg.): Europäische Kulturzeitschriften um 1900 als Medien transnationaler und transdisziplinärer Wahrnehmung. Göttingen 2006, S. 93‒112, hier S. 97.
  23. Martin Rizek: Bovet, Ernest. In: Historisches Lexikon der Schweiz, URL: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D43752.php
  24. Vgl.: P. Utz, op. cit., S. 94.
  25. Hier ist vor allem an die von Ferdinand Vetter gegründete Zeitschrift Schweizerische Rundschau zu denken, die von 1891 bis 1896 dreisprachig erschien, dann einsprachig, um 1897 endgültig eingestellt zu werden. Siehe: Ruedi Graf: Schweizerische Rundschau. In: Historisches Lexikon der Schweiz, URL: http://www.hls-dhs-dss.ch/textes/d/D24839.php
  26. P. Utz, op.cit., S. 94.
  27. R. Argast: op. cit., S. 183.
  28. Ebenda, S. 185.
  29. Eindeutige Bezüge auf den Text Unsere Fremdenfrage von C.A. Schmid findet Argast in den Reden von Emil Göttisheim und Rudolf Bollinger, die von der „Fremdeninvasion“ und von der „nationalen Gefahr“, die die Ausländer bilden sollen, sprachen. Vgl. R. Argast, S. 217‒224.
  30. C.A. Schmid: Unsere Fremdenfrage. Zürich 1900, S. 1.
  31. Ebenda, S. 4.
  32. Ebenda, S. 21.
  33. So Argast, S. 205.
  34. Vgl. Ebenda, S. 217.
  35. Argast, S. 217‒224.
  36. P. Utz, op. cit., S. 95.
  37. Es handelt sich um den Artikel von A. v. Senger Betrachtungen über die französischen Impressionisten (Wissen und Leben, Bd. 3, 1908/09, S. 241‒245), in dem er am Beispiel der neoimpressionistischen Malerei die Entartung der europäischen Kunst und zugleich der europäischen Rasse, des homo europeus feststellt. Entschiedener Einspruch von E. Bovet und H. Schuler haben ihn zur erneuten Stellungnahme genötigt, in der er wiederum die neoimpressionistische Kunst mit den Juden in Verbindung setzt und an beiden einen völligen Mangel an Schöpfungskraft feststellt. (A. v. Senger: Impressionismus. Eine Gegenentgegnung, In: Wissen und Leben, Bd.3, 1908/09, S. 397)
  38. Utz, op. cit., S. 100.
  39. Zit. nach Argast, op. cit., S. 266.
  40. E. Bovet: Wir wollen Schweizer sein. In: Wissen und Leben, Bd. Bd. 5, 1909/10, S. 563‒573, hier S. 569.
  41. Ebenda, S. 570.
  42. Ebenda
  43. Ebenda, S. 572.
  44. Thomas Maissen: Geschichte der Schweiz. Baden 2010, S. 224‒225.
  45. Ebenda, S. 225.
  46. R. Argast, op. cit., S. 165.
  47. C.A. Schmid: Die Fremdenfrage. In: Wissen und Leben, 24. Heft, 15. September 1910, Zürich, S. 705‒709, hier S. 705.
  48. So auch H. U. Jost, op. cit., S. 90.
  49. Eduard Blocher: Sind wir Deutsche? In: Wissen und Leben, Bd. V, H. 8, 15. Januar 1910, Zürich, S. 451.
  50. So Argast in: op.cit., S. 175.
  51. R. Bollinger: Die Ausländerfrage. In: Wissen und Leben, H. 6, 15. Dezember 1910, S. 409‒423, hier S. 419.
  52. Max Koller: Das Kulturproblem der Schweiz und die Einbürgerungsfrage. In: Wissen und Leben, H. 9/10, 15. Februar 1915, S. 275‒281, hier S. 276.
  53. Ebenda
  54. Ebenda
  55. Ebenda, S. 277.
  56. Ebenda
  57. Ebenda
  58. Ebenda
  59. Ebenda, S. 278.
  60. Ebenda, S. 279.
  61. Ebenda, S. 275.
  62. Es ist anzunehmen, dass es sich um Alphonse Maeder (1882-1971) handelt, den Psychotherapeuten aus Zürich.
  63. Alphonse Maeder: Das Kulturproblem der Schweiz und die Einbürgerungsfrage. In: Wissen und Leben, H. 15, 1. Mai 1915, S. 480‒485, hier. S. 485.
  64. H.U. Jost fast die damalige Politik der Schweiz in folgende Worte zusammen: „Obwohl sie [die Schweiz] direkt keine Kolonien besitzt, ist sie doch mit dem imperialistischen Welthandel aufs engste verknüpft – sie schwimmt im Kielwasser der Kanonenboote und Handelsschiffe der Großmächte.“ Jost, op. cit., S. 92. Auf denselben Ausgrenzungsmechanismus der Arbeiterbewegung deutet auch Albert Tanner in: Willensnation versus Kulturnation. In: Catherine Bosshart-Pfluger, Joseph Jung, Franziska Metzger (Hg.): Nation und Nationalismus in Europa. Frauenfeld 2002, S. 179‒203, hier S. 201.
  65. Vgl. anfangs in diesem Beitrag dargestellte Landesausstellung in Genf und das dort zur Schau gestellte senegalesische Dorf.
  66. Jost: op. cit., S. 92‒93.
  67. Jost, op. cit., S. 93.
  68. R. Bollinger, op. cit., S. 414.