Dr. Dariusz Komorowski
Instytut Filologii Germańskiej
Uniwersytet Wroclawski
Aufbruch zu freien Räumen. Zur Prosa junger Schweizer Autoren – Abstract
„Wenn man in einem Buch den Schweizer erkennt, muss man auch um ebensoviel die Schweiz erkennen. Ich wäre stolz darauf. Es ist meine Absicht, als Schweizer zu schreiben.“ Die Bekennung von Peter Bichsel lässt deutlich die Spuren eines instituierten Denkens erkennen, das von den 50er Jahren an das literarische Leben der Schweiz für die nächsten Jahrzehnte geprägt hat. Dieses Denken hält sich im Bereich der Identitätsfrage und polarisiert das literarische Milieu der Schweiz in die Gruppe der Befürworter eines direkten Engagements in eine kritische Debatte über eigene Identität, und die der „Traditionalisten“, die an der nationalen Überlieferung nicht rütteln wollten. Das durch die große Autorität von Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt instituierte Denken, das nur eine zweifache Stellung des Schriftstellers seiner Tradition gegenüber erlaubte, erhielt einen zusätzlichen Schub durch das Essay „Diskurs in der Enge“ von Paul Nizon. Der auf das Ästhetische übergreifende Konflikt erlebte Ende 60er Jahre seinen Höhepunkt im Zürcher Literaturstreit und bald danach in der Gründung eines vom SSV unabhängigen Schriftstellerverbandes Gruppe Olten. Schweizer Schriftsteller übertrafen sich in der Befragung der eigenen Geschichte und Mythologie und was damit einhergeht deren Helden, die in moralisch und national vorgeprägten Räumen und Orten handelten. In einem solchen Gefüge ist das Verhältnis der Autoren zur eigenen Tradition nie neutral, die Orte, in denen sich die Handlung abspielt, rücken neben den Figuren ins Zentrum der Betrachtung und werden zu wichtigen Bedeutungsträgern. Das Schreiben wurde mit einer Stellungnahme zu den gesellschaftlichen Fragen gleichgesetzt.
Dieses belastete Verhältnis scheint bei den Jungen Autoren wie Peter Stamm, Daniel Zahno oder Peter Weber überwunden zu sein. In ihrer Prosa dienen Orte lediglich als Schauplätze, ohne einen Zusatzwert. Diese Autoren gelangen jenseits vom überlieferten Gefüge. Eine starke Konzentration auf das Subjekt und seine eigenen Dilemmas lassen den Spielraum, die Handlungsorte zum unsichtbaren Hintergrund schrumpfen. Der Raum ist in dieser Hinsicht unbelastet, frei von der Traditionsbürde, universeller, was die Möglichkeit bietet, an die Dichtkunst in anderen deutschsprachigen Ländern anzuknüpfen.
Dieser Paradigmenwechsel in der Raumgestaltung in der jüngsten Prosa der genannten Schweizer Autoren steht im Zentrum meiner Betrachtung.