Die Überfremdung hat nicht stattgefunden – Stimmen einer global ausgerichteten deutsch-sprachigen Schweizer Literatur auf die Überfremdungsdebatte

Margrit Zinggeler; Eastern Michigan University


Während der rund fünfzig Jahre der diversen Überfremdungsdebatten in der Schweiz, bemühten sich politisch und sozial engagierte Schriftsteller und Schriftstellerinnen um eine positive Aufklärung, die auf eine menschliche Darstellung der Gastarbeiter/innen und Migranten/innen abzielte. Manche Autoren und Autorinnen verstanden und verstehen es dem Schweizer einen unverzerrten Spiegel vorzuhalten, der identifikatorisch die rechts-bürgerliche Haltung kritisiert und parodiert. Diese Arbeit untersucht den Stellenwert der viel diskutierten Überfremdung in der Schweiz vor allem in den Deutsch-geschriebenen Beiträgen der fünf-sprachigen Anthologie „Globale Heimat.ch: Grenzüberschreitende Begegnungen in der zeitgenössischen Literatur“ (Hrsg. Charlotte Schallié und Margrit Zinggeler, 2012). Alle Genres setzen sich mit Grenzerfahrungen in In- und Ausland auseinander. Erzählungen von Schriftstellerinnen und Schriftsteller mit und ohne Migrationshintergrund, die den Überfremdungsdiskurs bewusst oder unbewusst verarbeiten, tragen spezifisch zum Geschichtsverständnis und den Auswirkungen der diversen Überfremdungsinitiativen bei. Diese werden zu Beginn chronologisch besprochen, bevor auf den Inhalt und mögliche Bedeutung und Relevanz mit der Überfremdung in den ausgewählten Kurzgeschichten eingegangen wird. Es kristallisiert sich heraus, dass soziale und politische Integration wie auch die eigene Befremdung polivalent und vielgestaltig sowie mit Schmerz verbunden ist, aber schlussendlich eine Überfremdung in der Schweiz nicht stattfand.

Schlüsselwörter:
Überfremdung, Überfremdungsdebatte, Überfremdungsinitiative, Migration, Gastarbeiter, Grenzerfahrung, Schweizer Geschichte, Integration, politische Literatur.

No Success for Hyperxenesis Initiatives Influenced by a Globally Engaged German Swiss Literature
Politically and socially engaged writers have influenced the outcome of a variety of political initiatives which aimed at a limitation of foreigners in Switzerland over the last fifty years. Their texts aimed at a humanized treatment and appreciation of guest workers and migrants, thus offering comprehensive education of the people in the form of literature and contributions in the media. Many authors understood and understand to criticize and parody the populist behavior of the Right by presenting a un-distorted mirror of their bourgeois identification. This paper investigates the significance of the discourse on hyperxenesis in the German texts of the anthology “Globale Heimat.ch: Grenzüberschreitende Begegnungen in der zeitgenössischen Literatur” (Eds. Charlotte Schallié and Margrit Zinggeler, 2012), although the contributions in the volume are written in five languages. All diverse genres deal with border experiences at home and abroad. In this paper, the discussed stories by writers with and without migration background contextualize – consciously or unconsciously – their experiences with the initiatives against foreigners, thus contributing to the historical understanding of the election outcomes. First, the initiatives are presented chronologically before discussing content, possible meaning in the short stories, and their relevance to the discourse of hyperxenesis. Pain emerges in the process of social and political integration as well in alienation, but in the long run, xenophobia could be controlled in Switzerland.

Keywords:
Hyperxenesis, limitation of foreigners, political initiative, guest workers, migration, migrants, border experience, integration, alienation, xenophobia, political writings, Swiss history.

In dieser Arbeit wird die Geschichte der schweizerischen Überfremdungsdebatte und –initiativen diskursiv aufgezeichnet und anhand von literarischen Beispielen aus einer im Jahre 2012 veröffentlichten Anthologie mit grenzüberschreitenden Texten die These „Die Überfremdung hat nicht stattgefunden“ aufgestellt, untersucht und analytisch erläutert. Das Institut „Schweizerisches Forum für Migrations- und Bevölkerungsstudien“ (SFM) an der Universität Neuchâtel erforscht seit 1995 die verschiedensten sozialwissenschaftlichen Aspekte von Ursachen und Auswirkungen der Migration. Über 300 Studien wurden in der Zwischenzeit veröffentlicht, die den Regierungs- und Sozialhilfestellen dienen, Gesetze und Richtlinien zur Integration zu entwerfen und implementieren. Das SFM schlägt mit den Forschungsergebnissen „eine Brücke zwischen Forschung, Praxis und Öffentlichkeit.“1 Während die demographischen, wirtschaftlichen und politischen Zusammenhänge der Migration in den letzten zwanzig Jahren in der Schweiz aufschlussreich erforscht und analysiert worden sind, bewegen sich die literaturwissenschaftlichen Diskurse ambivalent zwischen Texten der Einheimischen und der Migranten und Migrantinnen – besonders derjenigen der poetisch talentierten Secondas und Secondos (ein für sich selbst designierter Begriff der zweiten Generation von Ausländern und Ausländerinnen in der Schweiz) – in einem stetigen, hermeneutischen Kreis. Max Frisch – das Gewissen der Schweiz in der Nachkriegszeit und der ersten Gastarbeiterperiode – setzte sich vorwiegend in Essays und journalistischer Tätigkeit mit der beginnenden Problematik „der fremden Arbeitskräfte“2 in den 1960er Jahren auseinander. In Überfremdung I erklärt Frisch, dass die große Zahl der italienischen Fremdarbeiter „so groß wie der Neger-Brocken in den Vereinigten Staaten“3 ist (aus heutiger Sicht ein rassistischer Vergleich) und ein Gefühl von Überfremdung „bei einer toleranten Nervosität“4 hervorrufe. Damals war der Anteil von Ausländern und Ausländerinnen vierzehn Prozent, notierte Frisch. Neben den Italienern kamen nun auch Spanier, Jugoslawen, Griechen, Türken, Kalabresen, „Fremdlinge in Scharen, immer kleinere und immer schwärzere“ 5 schildert Frisch und zählt Beispiele auf, wo er und die Einheimischen die Fremden überall wahrnehmen und wie sie mit ihren Arbeitskräften die Konjunktur antreiben. Der erste Satz in Überfremdung II lautet, „Was heißt Überfremdung?“6 Die einheimischen Schweizer fühlten sich „als die Unschuldig-Bedrängten,“7 es sei unheimlich. Überfremdung sei ein Gefühl. Frisch definiert es nicht. Das überlässt er den Zuhörern seiner Rede über die Überfremdung, nämlich die maßgebliche Behörde, die Fremdenpolizeichefs, und dann seinen Lesern des gedruckten Texts.

Im Folgenden wird nun die Entwicklung des Überfremdungsphantoms und der ergriffenen Überfremdungsinitiativen in der Schweiz chronologisch dargestellt. Die Hypothese „Die Überfremdung hat nicht stattgefunden“ wird mit Fakten getestet und mit einer Auswahl von literarischen Stimmen erläutert. Am Anfang war die Angst, die Angst etwas zu verlieren, etwas das mit Heimat und Tradition und Gewohnheit und Identität zu tun hat. Und diese Angst saß so tief, dass eine Anzahl von Schweizern eine Angst-Kampagne starteten, die eine noch größere und noch tiefere Angst bei den Mitbewohnern mit ausländischen Pässen auslöste; die Angst die neue wirtschaftliche Existenz und die neue Heimat verlieren zu können, überflüssig zu sein, obwohl sie mit ihrer oft beschwerlichen und unterbezahlten Arbeit das Land aufbauen halfen und damit die Gesellschaft und die Kultur bereicherten, aber manche sahen das Letztere nicht so. Das Fremde bedrohe das Schweizerische und die Identität des Schweizer Volkes; was als fremd empfunden wird, ist „unheimlich“ (Frisch) und gefährlich. Diese Psychopathie hieß „Überfremdung der Heimat“. In den 1960er Jahren stieg die Anzahl der Fremdländischen auf gut 25% der Bevölkerung in dem kleinen, multikulturellen Land, das aus vier sprachlichen und vielen kulturellen Regionen als Willensnation zusammen gesetzt ist. Der wirtschaftliche Boom konnte sich nur dank den Gastarbeitern und Gastarbeiterinnen entwickeln. Außerdem ist die Schweiz seit Jahrhunderten als ein Einwanderungs- und ein Auswanderungsland bekannt. Die größte Stadt im Land – Zürich – wurde in besonderem Maße positiv von dieser Konstellation betroffen und sie wurde Weltstadt wie auch Genf in der französischen Schweiz; beide sind zwar klein verglichen mit anderen Weltstädten, aber sie haben doch den offenen, progressiven Charakter einer Metropole mit vielen internationalen Institutionen. Nun waren es gerade die Zürcher Demokraten, die 1965 eine Initiative gegen die Überfremdung einreichten, die sie aber 1968 zurückzogen. Ein Sturm von politischen und gesellschaftlichen Diskussionen im Rahmen der allgemeinen sozialen, polarisierten Unruhen der antiautoritären Bewegung wurde mit dem Ungetüm Überfremdung ausgelöst. Die linksliberale, autonome Szene war ein weiterer Katalysator in der Dialektik der Rebellion gegen das Establishment und erhitzte den Überfremdungsdiskurs der rechts konservativen Kreise noch mehr.

Der rechtpopulistische Nationalrat James Schwarzenbach (1911-1991) fand einen aufgewühlten Nährboden für seine Ideen. Er initiierte 1970 die „Nationale Aktion gegen die Überfremdung von Volk und Heimat”, mit dem Ziel, die ausländische Bevölkerung auf die 10 % Marke zu bringen. Dank dem politischen System der direkten Abstimmungen – ich nenne diese bewusst nicht wie üblich eine „direkte Demokratie”, weil die Frauen erst ab 1971 ihre demokratischen, politischen Rechte von den Männern zuerteilt bekamen – verwarfen die stimmenden Schweizer Männer die Aktion mit 54 % Nein-Stimmen; jedoch haben sieben der 26 Kantone der Vorlage zugestimmt. Obwohl ein knapper Sieg gegen die Überfremdung, so stellte das Resultat eine alarmierende Situation dar. Die Ausländer und Ausländerinnen in diesen sieben Kantonen mussten sich wie Ausgestoßene oder Verachtete fühlen. Wenige besaßen die Bildung, ihre Gefühle in Worte zu fassen. Erst 2012 erschien die Erzählung Schwazzenbach: Schlaflos in Lützelflüh von Francesco Micieli (*1956; Gewinner des Adelbert-von-Chamisso-Förderpreises 2002), die die verhaltene Angst der italienischen Fremdarbeiter in der Schweiz thematisiert. Seine Erzählung Schwazzenbach: Fragment eines Anfanges wird weiter unten vorgestellt. Auch der Schriftsteller Franco Supino verarbeitete diese Periode des angestachelten Fremdenhasses, der mitten in das beginnende, gegenseitige Akklimatisieren und die Öffnung der gesellschaftlichen Normen eingeschleust wurde. Manche Gesellschaftsschichten kamen in Bewegung und öffneten sich als Folge der sozialen „68-Unruhen”: z.B. die Akademiker und die Arbeiter, weil Akademiker Arbeiter oder Aussteiger und Arbeiterkinder Akademiker wurden. Reiche wurden ärmer und Arme wurden dank Bildung und Innovation reicher. Die Städter zogen aufs Land und versuchten neue, autonome Selbstversorger-Rollen und viele Bauernkinder verabscheuten ihre provinzlerischen Wurzeln und zogen die urbane Lebensweise vor. Die Generationen versuchten dank neuer soziologischen Studien und Erkenntnissen die Kluft von rebellischer Jugend und festgefahrenem Alter zu überwinden. Die sexuelle Revolution (Kinsey Reports, Masters und Jonson und die „Pille”) sorgten weiter für gesellschaftliche Umwälzungen. Vielen wurde allmählich bewusst, dass die Gastarbeiter und Gastarbeiterinnen den Wohlstand in der Schweiz ermöglichten, wenn gefragt wurde,


Wer den all unsere Häuser, Straßen und Tunnels baue, wer unsere Kanalisation entstopfe, unsere Züge reinige und unseren Abfall einsammle, wer wohl in seinem Café serviere, wer unsere Spitäler funktionsfähig mache und unsere Informationssysteme, wer uns beide denn nach unseren Schlaganfällen dereinst im Rollstuhl herumstoßen werde und wie sinnvoll überhaupt in heutiger Zeit die Unterscheidung zwischen Menschen und Ausländern sei.8

Aber die faschistisch gefärbten Rechtskonservativen ließen nicht locker mit der Angstkampagne. Unter der Anführung von Valentin Oehen wurde 1974 eine weitere Limitierung von Ausländern vor das Volk gebracht. Jetzt konnten die Frauen mitreden und die Vorlage wurde mit 65% Nein-Stimmen abgelehnt, eine erstaunliche Zunahme von 11% seit der Schwarzenbach-Initiative. Frauen begannen aus dem Haus zu gehen und Karriere zu machen. Die Ausländer wurden gebraucht um die häusliche Arbeitskraft der Frauen zu ersetzen und die schweizerische Wirtschaft wollte die billige Arbeit der ungelernten Ausländer und die Fähigkeiten von den gebildeten Frauen und gebildeten Ausländern ausnutzen. Schwarzenbach erlitt nochmals eine Absage im Jahre 1977, als er die ausländische Bevölkerung auf 12,5% festsetzen wollte. Auch das Volksbegehren zur Beschränkung der Einbürgerungen auf jährlich 4000 wurde im gleichen Jahr mit 66% Nein-Stimmen verworfen.9 Von einem soziologischen Standpunkt sind Einbürgerungen das beste Resultat von Integration; logisch wäre, je mehr desto besser. Jedoch ist der Weg zu diesem Ziel in der Schweiz langjährig und kostspielig; selbst in der Schweiz geborene Kinder ausländischer Eltern werden nicht automatisch Schweizerinnen und Schweizer, ein Umstand, der die Sozialisation der zweiten und dritten Generation identifikatorisch enorm beschwert. Neben den niedergelassenen Ausländern gab es in der Schweiz eine weitere Gruppe von Arbeitern, die entweder nur im Sommer oder Winter arbeitete. Links-Katholische Kreise forderten 1981 die Abschaffung dieses Saisonnier-Status mit der Initiative „Mitenand” (Dialektwort für Zusammen), aber alle Kantone und 84% der Bevölkerung stimmten dagegen. Die wichtige Tourismusindustrie in der Schweiz war abhängig von den saisonalen Arbeiterinnen und Arbeiter.10 Viel mehr umstritten war die Nationale Aktion von 1984 „Gegen den Ausverkauf der Heimat”, die mit nur 51% Nein-Stimmen abgelehnt wurde.11 Diese knappe Ablehnung hatte wiederum wirtschaftliche Gründe. Reiche Ausländer kauften (und kaufen immer noch) teure Immobilien-Anlageobjekte und Ferienhäuser in der Schweiz. Der Kapitalfluss stärkte verschiedene Industriezweige. Der eigenartige Drei-Jahresturnus einer neuen Überfremdungsinitiative setzte sich erneut fort, aber diejenige von 1987 kam gar nicht zustande, weil nicht genügend Unterschriften gesammelt werden konnten, d.h. die Schweizerinnen und Schweizer weigerten sich ihre Zusage zu einer Initiative zu geben; nicht zuletzt wiederum ein Einfluss der Schweizer Frauen, die jetzt in den Genuss des neuen Eherechts kamen, in dem Mann und Frau endlich gleichberechtigt sind, d.h. auch der Familienunterhalt und die Hausarbeit ist nicht mehr geschlechtsspezifisch im Gesetz verankert. In einem anderen Wortlaut gelang die Überfremdungsaktion mit „Begrenzung der Einwanderung” zur Abstimmung, aber 67% waren dagegen. Im 700-jährigen Jubiläumsjahr 1991 scheiterte die Aktion “Gegen Masseneinwanderung” wieder in der Verweigerung der nötigen Unterschriften. Nun vergingen fünf Jahre bis eine „Vernünftige Asylpolitik” schon im Parlament als ungültig erklärt wurde. In den nächsten Jahren etablierte sich die recht-populistische Schweizerische Volkspartei (SVP), aber ihre provokative, mit Argumenten geladene Aktion „Gegen illegale Einwanderung” im Jahre 1996 wurde mit 54% abgelehnt. Ein Jahr später kam die Initiative mit geschwächtem Wortlaut, „Maßhalten bei der Einwanderung” wiederum gar nicht zustande. Auch die Initiative vom Jahr 2000 mit einer „18 Prozent Regelung” wurde mit 64% Nein-Stimmen quittiert und das Volksbegehren „Gegen Asylmissbrauch” scheiterte nur knapp im Jahre 2002. Auch missglückte die Überfremdungsinitiative im Jahre 2004, die „Begrenzung der Einwanderung aus Nicht EU-Staaten,” und zwar schon bei der Sammlung von Unterschriften. Die SVP ließ aber nicht locker und versuchte im Jahr 2008 eine sog. „Demokratische Einbürgerung”, d.h. die Gemeinden sollten gesamt-schweizerisch die Einbürgerungen von Ausländern übernehmen. 64% der Stimmenden lehnten dies ab. Aber die Ausschaffungsinitiative für die Deportation krimineller Ausländer ist am 28. November 2010 in Kraft getreten.12

Wenn wir die Geschichte und Daten der obigen Überfremdungsinitiativen in der Schweiz bis zu dem Zeitpunkt 2008 analysieren, so hat die Überfremdung nicht stattgefunden, wohl aber eine monumentale Auseinandersetzung mit dem Fremden und dem Eigenen, die gerade in der Literatur ihren Niederschlag fand. Wie ein roter Faden zieht sich dieser Topos explizit oder indirekt durch die literarischen Texte wie auch durch die Presse. Die Schriftellenrinnen und Schriftsteller, von Max Frisch bis zu den zeitgenössischen Autorinnen und Autoren, trugen wesentlich zum Erfolg der Menschlichkeit und Offenheit der Schweiz bis zur fatalen Zäsur im Jahre 2014 bei. Die Neue Zürcher Zeitung berichtete noch am 28. Nov. 2013 von einer Umfrage, die ergab, „Die Angst vor Entfremdung ist deutlich zurück gegangen”, die Schweizer hätten weniger Angst vor der Überfremdung, sie fühlten sich sicherer, aber sozialökonomische Ängste stiegen wie auch die Sorgen wegen der Klimaveränderung. Trotzdem befürworteten am 9. Februar 2014 50,3% des stimmenden Volkes die Eidgenössische Volksinitiative „Gegen Masseneinwanderung”, was einen Sturm der Empörung bezüglich dieser neuen Phase der Überfremdungsdebatte in der Schweiz aus Brüssel und den EU-Staaten zur Folge hatte. Was sich seit 2008 geändert hatte, waren die Ursprungsländer der Migranten und Migrantinnen und ihr Einwanderungsstatus. Des weiteren wurde geschätzt, dass sich nun über ein Hunderttausend sog. „Sans-Papiers” illegal in der Schweiz aufhalten und dass die größte Zahl aus afrikanischen Ländern und dem Nahen Osten stammen. Das war vor dem Ansturm der Flüchtlinge auf Europa. Am 5. Juni 2016 hat das Schweizer Volk die „Asylgesetzrevision” mit 66,78% angenommen, d.h. die Regierung hat jetzt grünes Licht für pragmatische, schnelle Asylverfahren und Integration gegeben; ein bedeutender Sieg gegen die Überfremdungs-Politik der SVP.13

Während der rund fünfzig Jahre der diversen Überfremdungsdebatten bemühten sich engagierte Schriftsteller und Schriftstellerinnen um eine bewusste oder unbewusste Aufklärung, die auf eine menschliche Darstellung der Gastarbeiter und Gastarbeiterinnen und Migranten und Migrantinnen abzielte. Manche Autoren und Autorinnen verstanden und verstehen es dem Schweizer einen unverzerrten Spiegel vorzuhalten, der identifikatorisch die rechts-bürgerliche Haltung kritisiert und parodiert. Sie benutzen dazu auch die Medien, die ihnen das Wort in Kolumnen und Kommentaren gewähren. Zeitungen und Zeitschriften offerieren den Literaten und Poeten somit eine besondere Mitwirkung zur Bildung der öffentlichen Meinung. Der Schriftsteller, Kabarettist, Kolumnist, Humorist und Musiker Franz Hohler (*1943)14 hatte in den kritischen Perioden der Überfremdungsinitiativen wie kein Zweiter einen vermittelnden Draht zu vielen Schichten von Schweizer Bürgern und Bürgerinnen, der ihnen half den zwingenden Kampagnen der Rechtspolitischen – vorwiegend den schwarz-malenden Parolen und Plakaten der SVP – zu widerstehen und das Menschliche über das Fremde sowie das Eigene zu stellen und die Überfremdungsinitiativen zu verneinen. In dem Gedicht Schweizer sein karikierte Hohler, der den Text oft als Lied singend und mit dem Cello begleitend im In- und Ausland aufführte, den selbstgefälligen Schweizer, der die Überfremdung folgendermaßen erklärt:

Schweizer sein aus dem hochdeutschen Programm des Salzburger Stiers (1994)


Halt! Wer da?
Tourist? Aha.
Sie gehen also wieder
so ist es uns schon lieber
denn bei Niederlassung
verlieren wir die Fassung
und gemeinsame Zölle
das wär für uns die Hölle
wir sind nun einmal reicher
als die Österreicher!
Dieselben Paragraphen
wie Italien oder Flandern –
dann wären wir ja plötzlich
genau so wie die andern
und könnten nicht mehr

Schweizer sein
ganz allein
gut gefahren
seit 700 Jahren
als die freundlichen, fleißigen Opas
Europas

Halt! Woher?
Ein Aus-län-der!
Sie wollen also bleiben
und Anträge schreiben?
Und wenn sie hier mal sind
dann kommen Frau und Kind
in buntbedruckten Hemden
um uns zu überfremden –
warum gehn Sie nicht nach Schweden
Dort nehmen sie doch jeden!
Die lieben unsre Berge nicht
und auch nicht unsre Seen
die haben’s doch allein
auf unser Geld abgesehn!
Doch wir, wir wollen

Schweizer sein
ganz allein
gut gefahren
seit 700 Jahren
als die freundlichen, fleißigen Opas
Europas

Halt! Wohin?
Was haben wir im Sinn?
Wir wollen Gurken setzen
nach eigenen Gesetzen
denn unsre Suppenschüssel
steht hier und nicht in Brüssel
und unsre Teller spülen
die Türken und Tamilen
und klar braucht ein Spital
auch etwas fremdes Personal
aber ja nicht dieser freie
Verkehr von Personen
sonst kämen die ja alle
nur um bei uns zu wohnen
und wir könnten nicht mehr

Schweizer sein
fast allein
wir trotzen der Gefahr
nochmals 700 Jahr
mit fest entschlossenem Schritt
solange bis Europa
der Schweiz beitritt!15

Die Idee, dass Europa der Schweiz beitreten soll, bzw. dass die Schweiz ein vorbildliches, seit Jahrhunderten gut funktionierendes Mini-Europa16 sei, wurde und wird immer wieder aufgegriffen und debattiert und zwar von beiden Seiten, der Linken und der Rechten, von den Gegnern der EU und den Befürwortern eines integrierten Europas, zu denen praktisch alle namhaften Schriftstellerinnen und Schriftsteller gehören. Wir erkennen die stete Ambivalenz zwischen Schweiz und Europa auch im Gedicht/Lied von Franz Hohler. In der ersten Strophe wird der Tourist akzeptiert, aber nicht solche, die sich niederlassen möchten, die würden ja das Fremde bringen, was in der zweiten Strophe im Klartext formuliert wird und dann würden die Schweizer wie die anderen werden. In der dritten Strophe leisten zwar die in der Zwischenzeit akzeptierten Fremden die nötige Arbeit auf der untersten Dienstleistungsstufe, aber freier Verkehr für alle Ausländer wäre die größte Gefahr, der der Refrain nach jeder Stufe trotzen möchte – eine perfekte Persiflage auf die Überfremdungsdebatte in den 80er und 90er Jahren.

Aber nicht nur Europa war seit Ende des 20. Jahrhunderts auf dem wirtschaftlichen und kultur-politischen Radar in der Schweiz, sondern auch die alles vereinnahmende Globalisierung. Damit verbunden war der starke Andrang der Migranten und Migrantinnen bzw. Asylanten und Asylantinnen von außer-europäischen Ländern zu verzeichnen. Die ausländische Wohnbevölkerung betrug 2014 in der Schweiz 24,3%; davon kommen 12,1% aus Nicht-EU europäischen Staaten und 15% aus anderen Kontinenten.17

Mit den obigen Abstimmungsresultaten kann argumentiert werden, dass in den Augen der stimmenden Schweizer Bevölkerung die Überfremdung nicht stattfand. Nun sollen einige Texte – im Rahmen der gewährten Platzmöglichkeit für diese Arbeit – von ausgewählten Schriftstellern und Schriftstellerinnen untersucht werden, die in der Anthologie Globale Heimat.ch: Grenzüberschreitende Begegnungen in der zeitgenössischen Literatur (2012) das Thema der Überfremdung darstellen und verarbeiten. Der Germanist Peter Utz meint richtungweisend im Vorwort, dass die Literatur aus der Schweiz immer einen „Migrationshintergrund” hatte und in den Literaturen der viersprachigen Schweiz, „eine transnationale Öffnung vorgegeben”18 sei. Dies geschieht und geschah durch mannigfaltige Grenzerfahrungen der Bevölkerung. Zahlreiche Texte in der Anthologie, in der die Beiträge in fünf Sprachen geschrieben sind, experimentieren zudem „unverkrampft” mit der neuen Sprachrealität im Sog des globalen Englischen als „neue Spielform der Sprachmischung“. In der vorliegenden, nicht-komparatistischen Arbeit richtet sich der Fokus nur auf die deutsch-geschriebenen Texte in Globale Heimat.ch19, für die die Autorinnen und Autoren spezifisch aufgefordert wurden grenzüberschreitende Themen – egal welches Genre – darzustellen. Utz verwirft eine poetische Globalisierung und begrüßt eine fortwährende „kulturelle Zuwanderung” und „konkrete Wahrnehmung und Darstellung des Differenten”, so wie Hegel dies auch schon forderte.

Charles Lewinsky (*1946) der das eigene Fremde als Jude immer wieder im schweizerischen Umfeld thematisiert – umfassend z.B. in seinem Roman Melnitz (2006) – kritisiert mit zehn „Multikultisplittern” die Alterität und Überfremdungsempfindungen in der Schweiz. Nummer 1 und Nummer 10 der Multikultisplitter – kurze öffentliche Aussagen – haben den gleichen Wortlaut: „Die Einwanderung dieser Leute, die auf der niedrigsten Kulturstufe stehen, deren Anschauungen von Recht und Moral und die ganze Lebenshaltung mit der unsrigen nicht harmonisieren, ist speziell für die Stadt Zürich zur großen Plage geworden.”20 Nur die darunter stehende Quellenangabe zum Satz ist verschieden. Lewinsky korrigiert: „Entschuldigung, ich habe mich im Datum geirrt. Das wurde nicht 2011 im Zürcher Kantonsrat gesagt, sondern 1905. Aber viel hat sich seither nicht geändert.”21 Im Splitter 2 schreibt Lewinsky, dass sein Großvater Léon Bloch im Jahre 1875 das Bürgerrecht in der Gemeinde Cérnier im Kanton Neuenburg erhalten habe. Im selben Jahr wurde die deutsche Familie Blocher in der Schweiz eingebürgert. „Ich werde immer wieder gefragt: ‚Wie lange sind Sie schon Schweizer?’ Niemand stellt diese Frage an Christof Blocher.” Damit macht Lewinski nicht eine Anspielung auf die zahlreichen Einwanderungen im 19. Jahrhundert, die der Schweiz aufstrebende, innovative Entrepreneurs bescherte, sondern er möchte schlicht und einfach zeigen, dass der frühere SVP-Nationalrat Blocher, der am stärksten gegen die Einwanderung kämpft, selbst Kind von Immigranten ist.

Auch der Autor Michael Guggenheimer ist Jude, der jeweils Weihnachten in Tel Aviv verbringt, wie er autobiographisch in der Kurzerzählung Schöne Weihnachte berichtet. Obwohl die Juden in der Schweiz seit 1867 voll emanzipiert sind und wichtige Persönlichkeiten im Lande Juden waren und sind, wie z.B. die Genferin Ruth Dreyfuss (*1940), die 1999 die erste Schweizer Bundesratspräsidentin wurde. Die Zahl der Juden in der Schweiz macht zwar nur 0,3% der Religionszugehörigkeit aus (4% in Zürich)22 , aber die ultra-orthodoxen Juden sind eine auffällige Minderheit, besonders in Zürich und Basel. Daran haben sich die Schweizer im Generellen gewöhnt; aber auch Nonnen, Diakonissinnen, Mönche und Priester im religiösen Gewand gehören zum Schweizer Bild. Wenn nun in der Erzählung dem Protagonisten in allen Geschäften frohe Weihnachten gewünscht wird, sagt er: „Ihnen auch ein schönes Ramadanfest und ein gutes Saker Bayrami, ein gutes Fastenbrechen.”23 Er sagte es so laut, dass ihm „ein Türke oder war es ein Bosnier” auch ein schönes Ramadanfest wünschte. Weil sich der Erzähler über die alljährlichen Weihnachtskarten ärgert, obwohl die Absender wussten, dass er Jude war, ging er zum örtlichen Islamzentrum und kaufte vierzig arabische Ansichtskarten, auf denen eine Moschee mit Minarett abgebildet und ein langer arabischer Satz steht. „Vielleicht rief er auf zum Heiligen Krieg gegen Israel und gegen den US-Imperialismus aus.”24 Diese Karten schickte er allen, die ihm eine Weihnachtskarte sandten. Dazu schrieb er in fetten Buchstaben: „Michael Guggenheimer wünscht allen seinen Geschäftspartnern, Bekannten, Freunden und Verwandten ein schönes Ramadanfest und ein fröhliches Id-al-Fitr. Möge Allah Ihnen auch dieses Jahr viel Glück, Reichtum und Segen bescheren.”25 Die „Wirkung dieser Karten war enorm.” Diese Geschichte kann auch als Reaktion auf die Anti-Minarett Initiative verstanden werden, die mit 57,5% Ja-Stimmen in Jahre 2009 angenommen wurde und einen weltweiten Sturm von Empörung verursachte, da ein allgemeines Bauverbot von Minaretts als Angriff auf die Religionsfreiheit und das Menschenrechtsabkommen verstanden wird. Seit Sommer 2016 ist das Burka-Tragen im Kanton Tessin verboten.

Melinda Nadj Abonji, die Gewinnerin des Deutschen und auch Schweizer Buchpreises im Jahr 2010 für ihren Roman Tauben fliegen auf widmet ihre Erzählung An den Unbekannten explizit ihrem Bruder. Mit dem Titel richtet sie sich an den Schreiber, Herrn Weidmann, von der Fremdenpolizei des Kantons Zürich, der im Jahre 1971 das Gesuch ihrer seit 1969 in der Schweiz lebenden Eltern für die Einreise ihrer beiden Kinder aus Jugoslawien in die Schweiz beantwortete. Sie erhielten die Nachricht, dass die „Zulassungsfrist für Angehörige von ausländischen Arbeitskräften” drei Jahre betrage und dass die Mutter zurückzukehren habe, sollten die Kinder in Jugoslawien „nicht mehr ordnungsgemäß untergebracht und betreut werden können. […] Im Hinblick auf die rigorosen Maßnahmen gegen die Überfremdung können persönliche oder humanitäre Gründe leider keine Berücksichtigung mehr finden.”26 Die Autorin versucht mit aller Vorstellungskraft den Tag und die Persönlichkeit von Herrn Weidmann zu beschreiben, an dem er diese Antwort an ihre Eltern schrieb. Die kurze Erzählung könnte als ein Nachwort zum Roman Tauben fliegen auf verstanden werden, in dem sie fiktiv die Autobiographie ihrer Familie als jugoslawische Ausländer in der Schweiz, die alle Überfremdungsinitiativen am eigenen Leib miterlebt hatte, verarbeitet. Melinda Nadj Abonji klagt nicht an, sie schreibt ein Bild, das eine Anklage ist. Im Bild sind „zwei Blesshühner, die sich auf der Limmat treiben lassen”27, die Herr Weidmann von seinem Fenster sieht, „dunkel gefiederte Wasservögel, die auf dem eingezwängten Fluss so unverschämt schön aussehen, der weiße Schnabel, das ebenso weiße Schild auf der Stirn, die Doppelung, ein perfektes Paar, dazu die kompakten Flocken von Schnee […], die unzähligen Schneekristalle, die von der Limmat vertilgt werden, auf Nimmerwiedersehen im Flusswasser verschwinden…”28. Herr Weidmann ärgerte sich, setzte sich an die Schreibmaschine und schrieb den unheilvollen Brief. Zwangstrennung von den eigenen, kleinen Kindern, die in ein paar Jahren, wenn den Eltern endlich erlaubt wird sie zu holen, diese als Fremde sehen. Die Schweizer Bürokratie und Regelungen standen über dem Kinderrecht, das erst 1991 in der Schweiz ratifiziert wurde!

Neunzehn andere ausländische Kinder der Klasse 9B in Bümpliz sind aber in der Schweiz ansässig – vielleicht waren sie hier geboren. Die meisten wurden von der Schulleitung im mündlichen und schriftlichen Deutsch als defizitär beurteilt und dementsprechend sind die Leistungen in anderen Fächern ebenfalls unterdurchschnittlich. Mit diesen Kindern schrieb der Schriftsteller Christoph Simon im Frühjahr 2011 einen „Schweizer Roman von Autorinnen und Autoren aus elf Nationen”, der im Rahmen des Projekts „Schulhausroman” – initiiert vom Zürcher Schriftsteller Richard Reich im Jahre 2005 – als das 74. Schulhausroman-Buch veröffentlicht werden sollte. Der von den Kindern unter Anleitung von Simon geschriebene Roman trägt den gleichen Titel wie seine davon berichtende Erzählung Wir sind, wie wir sind. Die Schüler einigten sich auf eine realistische „Ausreißer-Geschichte” und deswegen nahm sie der Werkstattleiter Simon nach draußen ins Quartier, damit sie die Probleme des Protagonisten Max miterlebten. Die Klasse einigte sich, dass Max das Mädchen Laura, „eine Ausreißerin aus Zollikofen” trifft und die Geschichte Richtung Liebesgeschichte gehe, die aber wieder grundlos aufgelöst werden könne. Simon ermuntert eine sperrige Iranerin, ein Liebesgedicht auf Persisch zu schreiben. Nun wollten andere – die Portugiesin, der Brasilianer, der Kosovo-Albaner – auch Liebesgedichte in ihrer Muttersprache, die sie auch nicht richtig beherrschten, schreiben. Aber diese fremdsprachigen Texte fallen nach der Präsentation wieder hinaus. Die Schüler beginnen mit Sprache und Realitäten zu verhandeln; das Schreiben überwindet Grenzen, vielfältige Grenzen:


Die Autorinnen und Autoren der 9B sind angehende Lastwagenchauffeure, Maurer, Autolackierer, Detailhandelsangestellte, Pharmazie-Assistentinnen, denen Literatur übermorgen wieder so wichtig sein wird, wie ein Meteoritenkrater auf der Rückseite des Mondes. Übermorgen – ja. Jetzt, in diesem Moment, ist ihnen Literatur allerdings wichtig, denn jetzt wollen sie stolz auf sich sein. Stolz, etwas zu schaffen, das sie nicht für möglich gehalten haben: Gemeinsam einen Roman schreiben, der im Buchhandel zu kaufen ist. … Ein ganz normales, interkulturelles, erfolgreiches Autorenkollektiv also – mit ebenso vielen vertretenen Nationalitäten wie in der ersten Mannschaft des FC Chelsea.29

Diese Kurzgeschichte von Christoph Simon gibt Hoffnung; eine „überfremdete“ Schulklasse erarbeitet sich einen vereinenden Erfolg mit Sprache und sie erfährt, dass Literatur Leben ist und Leben darstellt. Die Nationalitäten der Klasse 9B konnten eine Einheit schaffen und einen Roman mit vielen Stimmen in einer Sprache schreiben. Die Überfremdung hat nicht stattgefunden.

Als Schriftsteller Francesco Micieli so alt war wie die Schüler von Bümpliz, wohnte er mit seiner aus Italien stammenden Familie in Lützelflüh, wo Albert Bitzius als Pfarrer wirkte und seit 1838 alias Jeremias Gotthelf (1794-1854) mit Leiden und Freuden eines Schulmeisters seine vormaligen Erfahrungen als Schulmeister mit viel urchigem Humor aufschrieb. Er benutzte fortan nicht nur seine Predigten, sondern auch die Schriftstellerei dazu, die lokale Bevölkerung zu erziehen. Dabei wurde er zu einem der beliebtesten und berühmtesten Schweizer Schriftstellern. Francesco Micieli erzählt in Schwazzenbach: Fragment eines Anfangs, wie er zu einem Gotthelf Kongress eingeladen wurde, um einen Vortrag über „Gotthelf und die Fremden” zu halten. Er reist drei Tage früher an und besucht seine ehemalige Schule, die Gotthelf Gedenkstätten und die Orte seiner Jugend. Alle seine schmerzlichen Erfahrungen als „Maiser” (Schimpfwort für Italiener) und die Angst wegen der drohenden Schwarzenbach Initiative gegen die Überfremdung steigen in ihm hoch. „Wir waren Feindgebiet, eine Überwucherung, Gefährlich. Wir waren ein unbekanntes Etwas, das den Schweizern die Schweiz wegnahm. Ich fragte mich, welche Väter meiner Klassenkameraden mit Ja stimmen würden.”30 Der Junge merkte auch, dass etwas mit ihm passierte, weil er die Kelten den Römern vorzog und Tell und Winkelried als seine Helden sah. Eine Nachbarin lehrte ihn Tischmanieren und mit Gabel und Messer essen. „Hatte ich mein Ich verloren? Meine Geschichte verloren?” Micieli berichtet von seiner Mutter, die sich immer verzog und nicht auffallen wollte. „Die Schweiz sollte gar nicht merken, dass sie da war. Eine solche Frau kann nicht überfremden. Vor dem Tod wusste sie, dass man überfremden kann, auch wenn man nicht da ist”31. Auch ihre beiden Söhne sollten nicht auffallen, aber es war das fatale Jahr 1970, der Junge lässt sich die Haare wachsen und sieht aus wie ein „Sautschingg” (verhöhnendes Schimpfwort für Italiener): „Die Beatles hatten sich getrennt, Janis Joplin und Jimmy Hendrix waren gestorben, James Schwarzenbach wollte die Italiener dezimieren“32. Sie werden nicht ‚ja’ stimmen, versuchte der Junge seine Mutter zu beruhigen. Woher er das wisse, fragte sie. „Ich gehe ins Gymnasium”, war seine Antwort. Führte das Gymnasium zu einer erfolgreichen Integrationsgeschichte? Micieli studierte später Romanistik und Germanistik in Bern und in Florenz und er wurde 1989 mit dem Buchpreis des Kantons Bern ausgezeichnet. Er wirkt heute als Dozent an der Schule für Gestaltung in Bern und schreibt auf seine eigene Weise wie Gotthelf um die Mitbewohner aufzuklären. Es gelang ihm mit seinem Ausländer-Status, den er folgendermaßen beschreibt: „Ich bin immer nur in der Welt der Migranten gewesen, einer Welt mit vielen Sprachen in ständiger Bewegung, andauernd auf der Vorbeireise. Der einzig sichere Wert der Emigration sind die Einheimischen und deren Ämter. Sie stehen da wie tausendjährige Bäume“33. Micielis Überfremdungsschmerzen wurden Worte der Belehrung. Die Überfremdung fand nicht statt. Die stimmenden und bestimmenden Schweizer Männer lehnten die Schwarzenbach Initiative ab.

Eine andere erfolgreiche Integrationsgeschichte – aber auch mit vielen Schmerzen verbunden – ist die Iraqi Odyssey34, wie der Titel der Migrationsfilmgeschichte und die Erzählung von Regisseur Samir (*1955 in Bagdad als Samir Jamal Aldin) in der Anthologie Globale Heimat.ch lautet. Er kam 1961 mit seiner Schweizer Mutter und seinem irakischen Vater in die Schweiz und absolvierte eine Ausbildung zum Filmregisseur. Nach mehreren Filmen zur Migration und Integration in der Schweiz, z.B. Babylon 2 (1993) und Forget Bagdad (2002), wagte er seine eigene Familiengeschichte als Dokumentarfilm zu verarbeiten, in dem er viele seiner auf der ganzen Welt verstreuten Verwandten interviewte. Er berichtet von seiner eigenen frühen Kindheit in einem glücklichen Irak in den 50er und 60er Jahren: „Filme mit frivoler Musik, westlich gekleidete Frauen, die studieren, elegant gekleidete Männer in Bagdad, einer modernen Stadt”.35 Dann kam zuerst die religiöse Wandlung im Land und die erste Emigrationswelle. Aus Samirs Sicht hatte sich die Familie gut in der Schweiz eingerichtet. „Ich und meine Geschwister gingen in einem Arbeitervorort von Zürich zur Schule und Ende der 60er Jahre war es außer Frage, dass wir in den Irak zurückkehren würden”36. Aber nun wurde in der Schweiz der Einfluss der ausländerfeindlichen Nationalen Aktion immer stärker. Die verschiedenen Initiativen von Schwarzenbach von 1970-1975 waren ein Terror für die Ausländer. „Gleichzeitig verwehrte man uns die Einbürgerung, obgleich meine Mutter ursprünglich Schweizerin war. Doch sie hatte mit der Heirat eines Ausländers auch ihre Nationalität verloren.”37 Samirs Vater ging es zunehmend schlechter, weil er als studierter Elektroingenieur in der Schweiz nur als einfacher Konstrukteur arbeiten konnte und weil viele seiner Verwandten wieder nach Bagdad zurückkehrten und qualifizierte Anstellungen erhielten, oder wie sein Bruder Sabah, eine erfolgreiche Praxis eröffnete, trotz Überwachung der Geheimpolizei. Samirs Vater kehrte 1976 nach 15 Jahren von der Schweiz in den Irak zurück, „wobei mir schon klar war, dass er die damals herrschende Ausländerfeindlichkeit nicht mehr länger ertrug”38. Die Mutter ließ sich scheiden und blieb mit den vier Kindern in der Schweiz. Samir besuchte seinen Vater 1979 im Irak, der dort wieder geheiratet hatte und nach Basra zog. Diese Hafenstadt war ihm offener als das unterdrückte Bagdad. Abgesehen von der Diktatur erschienen Samir die Lebensumstände „sehr angenehm“:

Die Straßen waren sehr gut ausgebaut, die Busse fuhren pünktlich und im Takt, alle Familien, auch die armen Leute, hatten Telefon, Kühlschrank, Auto und Fernseher. Das Leben unterschied sich nicht groß von demjenigen in Italien, Griechenland oder Spanien. Und außer in Najaf und Kerbala, oder im Bagdader Stadtteil Kadhamyia, trugen keine Frauen Kopftuch oder Abaya, den schwarzen Umhang. (S. 284)

Kurze Zeit nach Samirs Rückkehr in die Schweiz begann Saddam Hussein den Krieg gegen den Iran und Samir konnte das Land nicht mehr besuchen. Hier endet die Erzählung, aber die Geschichte über die Odyssee der irakischen Verwandten geht im Film noch weiter. Was bleibt, ist die Frage, ob die Ausländerfeindlichkeit ein Grund für seinen Vater war, die Familie zu verlassen; das fragt sich Samir immer noch.

Ein weiterer, ausländischer Vater, den eine warme Heimat in der fremden, kalten Schweiz ruft, ist der Mittelpunkt einer globalen, biographischen Geschichte von Martin R. Dean (*1955). Er beschreibt das Leben seiner beiden Väter – seines Stiefvaters und seines nach vierzig Jahren wiedergefundenen leiblichen Vaters in London – im Roman Meine Väter (2003). In der Erzählung Das andere Leben39 schildert Martin R. Dean die über-sensibilisierte Anpassung an den kühlen Norden seines aus Trinidad stammenden, indischen Stiefvaters, begleitet vom stetigen Verlust seiner ursprünglichen, durch die Tropeninsel geprägten Identität in einer indischen Großverwandtschaft. 1968 hatte er die Rückkehr auf die Insel, nach Port of Spain, versucht, wo nun das Gegenteil von der Erfahrung von Samirs Vater passierte, der eine minderwertige Arbeit in der Schweiz versah und sich nur im Irak geachtet fühlte. Deans Stiefvater war Oberarzt eines schweizerischen Kantonsspitals. Auf Trinidad wollte man ihm eine befristete Assistenzstelle in einem verlotterten Spital anbieten. „Er kehrte in die Schweiz zurück und leitete 1970 seine Einbürgerung ein, die reibungslos über die Bühne ging.”40 1972 baute er sich ein eigenes Haus mit einer Arztpraxis in der Schweiz. Die akribische Beschreibung des Vaters, sein „lautloses Wesens, sein eleganter Gang, seine Affektkontrolle,“41 seine tägliche Anpassung an die Umgebung, seine Erfolge als Arzt unter den Einheimischen vermittelt ein Bild der perfekten Assimilation. Eine solche ist auch der aus der Insel Rügen stammenden Großmutter von Dean eigen, die 1924 von ihrem aus der Schweiz stammenden Vater als Älteste von zwölf Kindern in den Kanton Aargau geschickt wurde, um bei ihrem Onkel als Magd zu dienen. Schnell lernte sie Dialekt sprechen. „Sie war erpicht darauf, nicht als Einwanderin aufzufallen,”42 was dem Stiefvater nicht ganz gelang. „Sein Deutsch wurde makellos” (er hatte in Deutschland Medizin studiert und das Dolmetscherdiplom erworben), „sein Schweizerdeutsch hingegen blieb eine sonderbare Mischung zwischen Hochdeutsch und Dialekt, was indessen ganz den Erwartungen seiner Umwelt entsprach.”43 Ansonsten schienen beide Vorfahren alles Fremde auf den Inseln zurückgelassen zu haben. Eine „winzige Dosis Fremdheit”44 blieb im Familienumfeld und beschäftigt vor allem den Sohn, den Schriftsteller Martin R. Dean, der von seinem leiblichen Vater indische Züge und eine dunkle Hautfarbe geerbt hatte und somit seinem Stiefvater ähnlich sieht. Die „Erfahrung des Fremdseins taucht auch die Nachkommen von Emigranten in ein anderes Da-Sein als dasjenige, das die seit Jahrhunderten Ansässigen haben […] Diese partielle Heimatlosigkeit nährt die Sehnsucht nach dem anderen Leben. Das andere Leben wird zuletzt zu einem Teil der eigenen Geschichte, die vielleicht gelebt werden muss.”45 Die Erfahrung der inhärenten wie auch der ethnischen Alterität treibt Dean in seine schriftstellerische Vermittlerrolle gegen den Fremdenhass und die Überfremdung.

Inwieweit Petra Ivanov (*1967), die sich vorwiegend als Kriminal- aber auch Jugendbuchautorin profilierte, durch ihre Geschichte Schuldig im Sinne der Anklage als Vermittlerin und zum Verständnis von soziokulturellen Unterschieden und zur Überfremdungsdebatte beisteuert, darüber kann am Ende der Erzählung die Schulklasse, die der Gerichtsverhandlung zuhört und zuschaut, Aufschluss geben. Angeklagt ist der Kosovar Bledar Kurtesi, der das Bahnabonnement und die Niederlassungsbewilligung seines Bruders fälschen ließ, um sich bei der Polizei auszuweisen. Für die Fälschung bezahlte er mit dem Geld seiner Sozialhilfe. Zudem hatte er die Schweiz nicht verlassen, als er dazu vom Gericht aufgefordert worden war, weil er wegen verschiedener Betäubungsmitteldelikte und Verkehrsvergehen schon einmal vorbestraft war. Und nun sitzt er, körperlich und psychisch gezeichnet, schon seit einem Jahr in Untersuchungshaft, „wegen Fälschung von Ausweisen sowie Widerhandlung gegen das Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer”.46 Er bestreitet seine Taten nicht, er habe Geld gebraucht, keine Arbeit gehabt und eine Familie versorgen müssen. „Er verspricht, sich zu bessern. Bittet um eine letzte Chance”, mehrmals, die Schweiz sei doch seine Heimat, er wolle bei seinen Kindern bleiben; aber sie sehen ja den Vater kaum, erwidert der Bezirksrichter. Ob dieser die Familiensituation des Angeklagten im Heimatdorf in Kosovo richtig versteht, wie auch den Nachzug des 12-jährigen Bledars mit seinen zwei Brüdern und zwei Schwestern in die Schweiz, wo der Vater als Bau-Gastarbeiter beschäftigt ist, sowie die komplexen sozialen Hintergründe, die die Erzählerin für den Leser und die Leserin darlegt, ist zweifelhaft. Der Richter hackt darauf herum, was eine von seinem Vater arrangierte Heirat für den 19-Jährigen bedeutete, der mit Mühe die obligatorische Schule in der Schweiz abschloss und in einer Kochlehre versagte. Die Schulden häuften sich. „Man hatte ihm schnelles Geld versprochen. […] Du holst den Soff, lieferst ihn bei Kunden ab”47. Die Erneuerung der Niederlassungsbewilligung wurde von der Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich abgelehnt und er hätte die Schweiz verlassen müssen. Er war verzweifelt. Der Angeklagte ist schuldig; nochmals elf Monate Gefängnis bedeutet vorläufig in der Schweiz bleiben zu können. Und die ihm aufgeladenen 3550 Franken Gerichts- und Untersuchungskosten? „Zurzeit ist noch ein Rekurs seiner Ehefrau hängig. Auch sie soll zurück nach Kosovo, obwohl sie sich nie strafbar gemacht hat.”48 Die Schüler, darunter eine albanische Schülerin, wissen letzteres nicht, aber kommentieren über Bledars Urteil: „Voll selber Schuld […] solche wie er haben hier nichts verloren (ein Jugendlicher mit schwarzer Haut) […] Krass […] Scheissjugos, […] Armer Siech […] Keine Ahnung” 49. Die Kommentare spiegeln wohl die Haltung der in- und ausländischen Bevölkerung. Inländische und ausländische Kriminelle überfremden doppelt und vielfach. „Armer Siech” (armer Schlucker) ist vielleicht ein empathischer Hoffnungsschimmer, damit Verbesserungen im Dienste der sozialen Integration und demzufolge der anderen Integrationen – die politische, die ökonomische und eine bewusst multikulturelle Integration – ohne Überfremdungstraumata erfolgen können.

Der 1965 in Solothurn geborene Autor und Lehrer, Franco Supino, zeigt einen positiven Weg zur Integration und einer gemeinsamen, gegenseitigen multikulturellen Akzeptanz in dem vier-teiligen, nummerierten Essay mit dem Titel Wo liegt Italien? auf. Supino befasst sich in seinem gesamten Werk immer wieder mit dem Gastarbeitermilieu seiner italienischen Eltern in Grenchen, Kanton Solothurn, und den italienisch-schweizerischen Beziehungen sowie der Identitätsproblematik der Migranten und Migrantinnen der zweiten Generation. Im ersten Teil des Essays berichtet er von Giuseppe Mazzini, einem italienischen Nationalisten, der schon 1835 zusammen mit anderen Aktivisten für ein vereinigtes Italien und „Junges Europa” kämpfte und demzufolge fliehen musste. „Die Gemeinschaft, die ihn aufgenommen hatte – Grenchen – , wollte ihn vor der Verfolgung durch den Staat schützen”.50 Die Stimmberechtigten Grenchens erteilten ihm am 12. Juni 1836 das Bürgerrecht.51 In einem Brief von 1835 soll er geschrieben haben: „Der Doktor und der Bauer sitzen in der Wirtschaft am selben Tisch und reden miteinander. Was für ein privilegiertes Land […] in dem es keine Privilegien gibt.”52 Supino ist begeistert, „Was für ein exemplarischer Ort! Grenchen war Mazzini Vorbild für sein Italien.”53 Grenchen war dann von 1911 bis 1914 Wohnquartier für über 1000 Italiener, die nach dem Bau von Simplon- und Lötschbergtunnel den Tunnel zwischen Grenchen und Moutier bauten. „Familiennachzug war selbstverständlich zu der Zeit”. Eine italienische Schule und das Spital Grenchen wurden gebaut. Die Kinder, die in Grenchen geboren wurden, lernten Deutsch und sie sollten Grenchner sein; welch bewundernswerte Haltung der Behörden, meint Supino. Seine Mutter kam 1960 in Grenchen an, 20-jährig; sie verstand kein Wort Deutsch. Ihre Schwester folgte und Tausende weiter, die in der hier konzentrierten Uhrenindustrie Arbeit fanden. Supino ging in Grenchen mit über 30 Italiener Kindern zur Schule. „Meine Eltern sprachen ausschließlich italienisch. Sie trafen sich ausschließlich mit anderen Italienern“54. Man traf sich in einer Pizzeria, feierte italienische Familienfeste, hielt zusammen. So entstand die enge Gemeinschaft der Italiener in Grenchen. „Die zweite Generation ist inzwischen in der Schweizer Gesellschaft angekommen. Sie lebt ihr Italien, das anders ist, als das ihrer Eltern. Diese Italiener sind Grenchner mit italienischem Pass […] Sie leben ihr Italien hier […] Die Nachkommen, die eine Tradition aufnehmen, schaffen den Wert einer Tradition“55. Im vierten Teil des Essays reflektiert Supino die lange Tradition der Beziehung von Grenchen und Italien, von Mazzinis Einheitsbewegung bis zum heutigen, realen italienischen Staat. „Die politische Bilanz ist desaströs […] Nichts begriffen und nichts verwirklicht von dem, was Mazzini wollte”56. Zum Glück sei Italien viel mehr und viel größer als das Land, das diesen Namen trage. Ihn interessiert das Italien, das außerhalb Italiens liege, zum Beispiel in Grenchen. Die Geschichte könne uns lehren: „Lasst euch nicht von Potentaten unterdrücken, von Führern verführen. Denkt selber, fühlt selber, bestimmt selber. Nehmt die fremden Menschen auf, die zu euch kommen. Macht sie zu Mit-Bürgern. Baut gemeinsam am Haus, das euer gemeinsames Haus ist.”57 Man möchte beifügen, dann findet die Überfremdung nicht statt.

Überfremdungsemotionen entstehen oft unter Schweizern, die das Fremde nicht willkommen heißen. In Lukas Hartmans Beitrag Der Klotz befremdet gerade der moderne Hausbau des Sohnes und seiner brasilianische Freundin die bürgerlichen Eltern. Zwar heißen sie die internationalen Gäste in ihrem BnB (Bed and Breakfast) willkommen, weil durch sie die Einkünfte höher als je erwartet ausfielen. Der Sohn möchte auf dem Grundstück seiner Eltern ein Haus, einen Klotz, mit erbittertem Vorschuss-Geld der Eltern bauen. Erzählt aus der Perspektive der Mutter gelingt es ihr den Ehemann zur Einwilligung zu überzeugen, da sich die Freundin mit „Milchkaffeehaut” trotz zu viel Lippenstift und hohen Absätzen als praktisch auswies und eine gute Mutter und Schwiegertochter werden könne. Die Brasilianerin arbeitet bei einer Reinigungsfirma und findet die Mutter ihres Schweizer Freundes auch als ideale Schwiegermutter. Der Ausblick auf „die künftigen Kinder“, so ihr Sohn, erreichten, dass die Erzählerin, „alle Register zog […] und mit Scheidung drohte”,58 wenn der Mann den Baukredit nicht bewilligte. Das BnB wurde geschlossen, die Bagger kamen, die Baugrube musste zusätzlich mit viel Kies ausgefüllt werden, der Klotz wuchs und die Aussicht auf den See verschwand; der Vater tobte noch mehr. Der Sohn verlor den Job bei der Bank während der Finanzkrise, die schwangere Freundin hatte einen neuen Freund, mit dem wolle sie zurück nach Brasilien. Die Erzählerin vermutet, dass ihr Mann durchdrehe und den Klotz in die Luft sprengen wolle. Lukas Hartmann gelingt es, mit wenigen Worten ein Familiendrama der Selbstbefremdung in Zusammenhang mit dem Überfremdungsdiskurs darzustellen.

Schweizer erleben meistens keine Ausländerfeindlichkeit in Ausland, im Gegenteil, viele erfahren die „unverhoffte Freundlichkeit von Fremden”59, bestätigt Milena Moser in ihrer Erzählung Die Enge ist im Kopf in der hier besprochenen Anthologie. In mehreren Büchern, die die populäre Verfasserin von Schweizer Bestsellern in den Vereinigten Staaten, in San Franzisco, schrieb, wo sie und ihre Familie während acht Jahren wohnten, verarbeitet sie das eigene Fremdsein in einem fremden Land. „In Amerika wurde ich erst zur Schweizerin. Ich beharrte auf meiner Herkunft. Ich hatte das Bedürfnis, die Schweiz zu erklären, zu beschreiben. Zu verteidigen sogar. In Amerika wurde mir erst bewusst, wie die Schweiz mein Verhalten geprägt hat.“ (S. 301) Das fremde Amerika lehrte sie, die Augen aufzumachen, die „leeren Schubladen“ in ihrem Kopf zu füllen. Aber je mehr Menschen sie kennenlernte, desto weniger konnte sie sie einordnen. Langsam begriff sie, dass die vielen unterschiedlichen, faszinierendsten und differenzierten Menschen im Grunde genommen gar nicht so anders als die Menschen im kleinbürgerlichen Vorort ihrer Kindheit sind. „Das Einzige, was sie unterscheidet, sind die Fassaden, das Außen.“60 Mit ihren belletristischen Romanen und Kolumnen in der Zeitschrift Schweizer Familie mag sie eine eingeengte, von der SVP beängstigte Bevölkerungsschicht erreicht haben, die dann aber doch „Nein“ bei den Überfremdungsinitiativen stimmten. Menschlichkeit kennt keine Überfremdung, aber Unmenschlichkeit erleben manche in der Enge der eigenen Reihen.

Der bekannte intellektuelle Diskurs in der Enge von Paul Nizon (*1929), der im gleichen Jahr wie Schwarzenbachs erste Überfremdungsinitiative (1970) das Nachdenken über die Schweiz kritisch schürte, wird in der Anthologie im Gespräch mit dem gealterten Paul Nizon von Martin R. Dean und Roland Merk aktualisiert. Mit dem Titel Diskurs in der Enge revisited versuchen die zwei jüngeren Schriftsteller den heutigen Standpunkt des Emigranten Nizon zu ergründen. Subjektiv deklariert er einen umgeänderten Inländer-Hass und er empfindet die gleichen Abwehrgefühle gegen die Malaise im Kleinstaat: „Das ganze Land ein Reduit! […] ein stocksaurer Boden für die Kunst, […] keine erotische Intensität, […] es fehlt an Lebensschmieröl.“61 Dieses Schmieröl sind die Migranten und Migrantinnen. Das sagt Nizon nicht, jedoch erzählt von seinem Vater, der von Russland in die Schweiz kam, der „in Mentalität und Aussehen ein völlig Fremder war, das ging tief in mich hinein.“62 „Ein Migrations-Gen“ und „ein anderer Blick auf die Schweiz“, erwidert Dean, dem Nizon mit „Ja, und wie!“ vehement zustimmt. Umgesetzt bedeute dies, Zuwanderer braucht das Land! Ob die Schweiz für Nizon noch eine Rolle spiele, fragt Dean. „Man kann sein Herkommen weder leugnen noch Abstreifen. […] Ich bin nicht Franzose geworden.“63 Er sei extrem heimatlos, ihm gefalle die Emigranten-Existenz, er sei ein Immigrant. Er fühlt sich wohl in der Fremdenrolle. Er denke, dass heute die „Durchmischung in der Schweiz gewaltig ist – aber vielleicht nicht in den Köpfen […]“64, er habe keine aktuellen Erfahrungen, um sich dazu zu äußern. Tatsache ist, dass die Geographie der Schweiz nicht größer wird, aber mehr Menschen werden kommen und den Kleinstaat fordern. Nizon bleibt fern und überlässt die Problematik und den neuen Diskurs mit Flüchtlingen und Asylanten den „normalen Schweizern“. Seine überhebliche, „radikale Künstlerexistenz“ trieb ihn weg. Die Enge ist auch ein narzisstisches Phänomen in seinem Kopf. Für viele Künstler und Künstlerinnen, die bleiben, gibt es nie genügend Überfremdung und damit verbundene Herausforderungen, die als Katalysatoren des Fortschrittes wirken.

Die oben geschilderten Auszüge von zwölf literarischen Geschichten und eines Gedichtes, die das Phänomen Überfremdung thematisieren, zeigen, dass Secondas und Secondos und engagierte, einheimische Schriftsteller und Schriftstellerinnen in der deutschsprachigen Schweiz aktiv an der Überfremdungsdebatte teilnehmen. Ob in der Tat eine Korrelation zwischen den Abstimmungsresultaten gegen die Überfremdungsinitiativen und dem Einfluss von literarischen Texten besteht, müsste in einer empirischen Ermittlung untersucht werden. Hier kann im Wesentlichen nur eine eingegrenzte Analyse der verschiedenartigen Texten beweisen, dass das mannigfaltige, meistens schmerzhafte Gefühl der Überfremdung und die Auseinandersetzung mit dem Fremden und dem Eigenen auf beiden Seiten, für die Immigranten und die Landesleute, einen stetigen, identifikatorischen Prozess beinhaltet, dessen Darstellungen die Leserin und den Leser zum Überdenken der eigenen Neigungen auffordern oder gar provozieren. Die ausgewählten Texte der fünf Secondas und Secondos (Melinda Nadj Abonji, Francesco Micieli, Samir, Franco Supino, Martin R. Dean) stellen die Emotionen der eigenen oder der Familienmigration dar, während die einheimischen Autorinnen und Autoren (Franz Hohler, Charles Lewinsky, Michael Guggenheimer, Christoph Simon, Lukas Hartman), sowie der Emigration-Erfahrenen (Paul Nizon, Milena Moser, Petra Ivanov) versuchen des Schweizers Schweiz aufzurütteln. Alle Texte sprengen Grenzen und zeigen, dass die Schweiz eine globale Heimat geworden ist, in der die Überfremdung schlussendlich nicht stattfand.

Literaturverzeichnis

Abonji, Melinda Nadj: Tauben fliegen auf. Salburg, Wien: Jung und Jung, 2010.
Frisch, Max: Schweiz als Heimat? Frankfurt a. Main: Suhrkamp, 1990. Die Essays Überfremdung I und Überfremdung 2, S. 219-226.
Frisch, Max: Öffentlichkeit als Partner. Berlin: Edition Suhrkamp, 1967.
Dean, Martin R.: Meine Väter. München: Hanser, 2003.
Micieli, Francesco: Schwazzenbauch: Schlaflos in Lützelflüh. Bern: Zytglogge, 2012.
Schallié, Charlotte und Margrit Zinggeler (Hrsg.): Globale Heimat.ch – Grenzüberschreitende Begegnungen in der zeitgenössischen Literatur. Zürich: edition 8, 2012.


  1. Schweizerisches Forum für Migrations- und Bevölkerungsstudien: www2.unine.ch/sfm.
  2. Zitat in Überfremdung I, das als Vorwort von Max Frisch zu dem Buch Siamo Italiani: Gespräche mit italienischen Arbeitern in der Schweiz (Zürich 1965) von Alexander J. Seiler aufgenommen wurde, der auch einen Film mit dem gleichen Titel produzierte. Max Frisch wurde dann aufgrund dieses Vorwortes an die Jahreskonferenz der Vereinigung der kantonalen Fremdenpolizeichefs in Luzern eingeladen, wo er die Rede Überfremdung II am 1. Januar 1966 hielt. Sie erschien zuerst in Die Weltwoche, 9.9.1966.
  3. Frisch, Max: Schweiz als Heimat? Frankfurt a.M. 1990, S. 220.
  4. Ebd. S. 220.
  5. Ebd. S. 223.
  6. Ebd.
  7. Ebd.
  8. Hohler, Franz: Multikulti. In: Schallié, Charlotte und Zinggeler, Margrit (Hrsg.): Globale Heimat.ch: Grenzüberschreitende Begegnungen in der zeitgenössischen Literatur. Zürich 2012, S. 33.
  9. Schweizerische Bundeskanzlei. Chronologie der Initiativen. https://www.admin.ch/ch/d/pore/vi/vis_2_2_5_1.html.
  10. Saisonarbeiterbewilligungen werden seit 2002 nicht mehr ausgestellt, dafür Bewilligungen für Kurzaufenthalter/innen.
  11. Schweizerische Bundeskanzlei. Chronologie der Initiativen. https://www.admin.ch/ch/d/pore/vi/vis_2_2_5_1.html. Die folgenden Prozentzahlen in diesem Paragraphen siehe ebenfalls in dieser Webseite.
  12. Volksinitiative für die Ausschaffung krimineller Ausländer: https://www.admin.ch/ch/d/pore/vi/vis357t.html.
  13. Die Neue Zürcher Zeitung fasste noch weitere SVP-Niederlagen nach dem verlorenen Asylgesetzreferendum vom 5. Juni 2016 zusammen. Neben dem Sieg beim EWR-Referendum, der Initiative zur Ausschaffung krimineller Ausländer und der „Masseneinwanderung”, musste die stärkste Partei der Schweiz neun Niederlagen verzeichnen. Neben den innerpolitischen, sozialen Vorstößen waren es die Ablehnungen des Volkes der SVP-Initiative gegen die Erweiterung der Personenfreizügigkeit auf Rumänien und Bulgarien, die Einbürgerungs-Initiative von 2008 und die Durchsetzungsinitiative vom Februar 2016 als Nachspiel von der knapp verlorenen Ausschaffungsinitiative von 2010.
  14. Die Webseite von Franz Hohler ist als ein satirisches Gedicht über die eigene Person konzipiert (www.franzhohler.ch). Sein Biograph Michael Hauzenberger nennt ihn “ein realistischer Fantast” (Der realistische Fantast. Zürich 2015).
  15. Text und Aufführung von “Schweizer sein” von Franz Hohler auf YouTube: https://www.youtube.com/watch?v=7EYWzobKGCE.
  16. Siehe z.B. den Spiegel-Artikel von David Böcking, “Empfehlung von Ökonomen: Seid wie die Schweizer, liebe Europäer”, 2014. http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/oekonomen-empfehlen-eu-die-schweiz-als-vorbild-a-955821.html.
  17. Bundesamt für Statistik: http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/01.html.
  18. Utz, Peter: Vorwort zu: Schallié, Zinggeler (Hg.), wie Anm. 8, S. 11.
  19. Die Idee zur Anthologie mit global ausgerichteten Grenzerfahrungen entstand an den Solothurner Literaturtagen 2010, als sich die Herausgeberinnen als Gäste im Rahmen „Ausländischer Literaturvermittler” kennengelernt haben. Als Auslandsgermanistinnen aus den USA bzw. Kanada mit Schweizer Wurzeln hatten sie ein besonderes Ohr für die vorgetragenen Texte, deren Protagonisten als Fremde außerhalb der schweizerischen Grenzen oder als Fremde innerhalb der schweizerischen Grenzen Erfahrungen mit der Globalisierung machten. Diese Konstellation wurde aber kaum verbunden und kritisch diskutiert. An Ort und Stelle fragten die Herausgeberinnen die Autoren und Autorinnen (ausländische und heimische), ob sie einen Text über grenzüberschreitende Begegnungen für einer Anthologie beisteuerten. Die positiven Antworten waren ermunternd. Total 60 Autoren und Autorinnen schrieben Beiträge. Das Produkt konnte an den Solothurner Literaturtagen 2012 mit einem beitragenden Autoren von jeder Sprache (Deutsch, Französisch, Italienisch, Romanisch und Englisch) vorgestellt werden.
  20. Dieses und die folgenden Zitate von Charles Lewinsky siehe: Lewinsky, Charles: Multikultisplitter. In: Schallié / Zinggeler (Hrsg.): Globale Heimat.ch, wie Anm. 8, S. 35-36.
  21. Schallié, Zinggeler (Hrsg.), wie Anm. 8, S. 36.
  22. Judentum in der Schweiz. Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Judentum_in_der_Schweiz.
  23. Dieses und die folgenden Zitate von Michael Guggenheimer siehe: Guggenheimer, Michael: Schöne Weihnachten. In: Schallié / Zinggeler (Hrsg.): Globale Heimat.ch, wie Anm. 8, S. 41-43.
  24. Schallié, Zinggeler (Hg.), wie Anm. 8, 42.
  25. Schallié, Zinggeler (Hrsg.), wie Anm. 8, S. 42.
  26. Dieses und die folgenden Zitate von Melinda Nadj Abonji siehe: Abonji Nadj, Melinda: An den Unbekannten. In: Schallié, Zinggeler (Hrsg.): Globale Heimat.ch, wie Anm. 8, S. 51-55.
  27. Ebd., S. 53.
  28. Ebd., S. 54.
  29. Dieses und die folgenden Zitate von Christoph Simon siehe: Simon Chrstoph: Wir sind, wie wir sind. Ein Schweizer Roman von Autorinnen und Autoren aus elf Nationen. In: Schallié / Zinggeler (Hrsg.): Globale Heimat.ch, wie Anm. 8, S. 218-222.
  30. Dieses und die folgenden Zitate von Francesco Micieli siehe: Micieli, Francesco: Schwazzenbach. In: Schallié / Zinggeler (Hrsg.): Globale Heimat.ch, wie Anm. 8, S. 270-276.
  31. Schallié, Zinggeler (Hg.), wie Anm. 8, S. 272.
  32. Ebd., S. 274.
  33. Ebd., S. 271.
  34. Der Dokumentarfilm über die Familiengeschichte von Samir, (2014), wurde 2015 als „Best Foreign Film” für den „Oscar” nominiert. Die Autorin dieses Artikels machte ein Interview mit Samir im Jahre 2010 für das Buch How Second Generation Immigrants Writers have transformed Swiss and German Language Literature. A Study of Sensorial Narratives by Authors Writing from the Swiss ‚Secondo-Space” (Leviston, NY 2011). Er zögerte lange nach der Einladung einen Beitrag für die Anthologie Globale Heimat.ch zu verfassen, da er mit einem Film beschäftigt sei. Die Autorin schlug vor, über den Film zu schreiben und er reichte “Auszüge aus der Drehvorlage” mit zehn schwarz-weiß Photographien ein, die der Anthologie eine sehr persönliche Note zum Migrationshintergrund verleihen.
  35. Dieses und die folgenden Zitate von Samir (der Filmemacher nennt sich nur mit diesem einen Namen) siehe: Samir. Iraqi Odyssey: In: Schallié / Zinggeler (Hrsg.): Globale Heimat.ch, wie Anm. 8, S. 277-284.
  36. Ebd., S. 277.
  37. Hingegen konnte ein Schweizer eine Ausländerin heiraten, ohne dass er sein Bürgerrecht verlor und die Ehefrau wurde automatisch Schweizerin. Erst 1991 wurde dieses Recht geschlechtsneutral; ein Ehegatte/eine Ehegattin kann seit 1992 eine erleichterte Einbürgerung beantragen.
  38. Ebd., 282.
  39. Dean, Martin: Das andere Leben. In: Schallié / Zinggeler (Hrsg.): Globale Heimat, wie Anm. 8, S. 120-132.
  40. Ebd. S. 127.
  41. Ebd. S. 125.
  42. Ebd. S. 122-3.
  43. Ebd. S. 125.
  44. Ebd. S. 128.
  45. Ebd.
  46. Dieses und die folgenden Zitate von Petra Ivanov siehe: Ivanov, Petra: Schuldig im Sinne der Anklage. In: Schallié / Zinggeler (Hrsg.): Globale.ch, wie Anm. 8, S. 56-60.
  47. Schallié, Zinggeler (Hg.), wie Anm. 8, S. 58.
  48. Ebd., S. 59.
  49. Ebd., S. 60.
  50. Dieses und die folgenden Zitate von Franco Supino siehe: Supino, Franco: Wo liegt Italien? In: Schallié / Zinggeler (Hrsg.): Globale Heimat.ch, wie Anm. 8, S.138-141.
  51. Supino erwähnt nicht, dass die Solothurner Regierung die Einbürgerung rückgängig machte und Mazzini am 1. Januar 1837 Grenchen wieder verließ und ins Exil nach London ging, wo er sich mit der Theorie der Befreiung und Einigung anderer europäischen Staaten und der Entwicklung zu einer europäischen Republik beschäftigte: https://de.wikipedia.org/wiki/Giuseppe_Mazzini.
  52. Schallié, Zinggeler (Hg.), wie Anm. 8, S. 138.
  53. Ebd.
  54. Ebd., S. 140.
  55. Ebd.
  56. Ebd.
  57. Ebd., S. 141.
  58. Hartmann, Lukas: Der Klotz. In: Schallié / Zinggeler (Hrsg.): Globale Heimat.ch, wie Anm. 8, S. 77.
  59. Dieses und die folgenden Zitate von Milena Moser siehe: Moser, Milena: Die Enge ist im Kopf. In: Schallié / Zinggeler (Hrsg.): Globale Heimat.ch, wie Anm. 8, S. 297-302.
  60. Schallié, Zinggeler (Hg.), wie Anm. 8, S. 301.
  61. Dieses und die folgenden Zitate siehe: Dean, Martin R. und Roland Merk: Paul Nizon im Gespräch mit Martin R. Dean und Roland Merk: ‚Diskurs in der Enge‘ revisited. In: Schallié, Charlotte, Zinggeler, Margrit (Hrsg.): Globale Heimat.ch, wie Anm. 8, S. 149-161.
  62. Schallié, Zinggeler (Hg.), wie Anm. 8, S. 159.
  63. Schallié, Zinggeler (Hg.), wie Anm. 8, S. 155.
  64. Ebd., S. 150.