Ein Landschaftsding, kein Landschaftsgedicht. Eine Analyse des Landschaftsgedichts von Elisabeth Meylan

Emanuela Ferragamo
Universität Turin

Du meinst, es gebe zunächst eine Art Karenzzeit? Eine Periode der Schönung, die uns erlauben würde, unsere Hoffnungen eine nach der anderen zurückzuschrauben?1

Das vorliegende Essay analysiert ein Gedicht Elisabeth Meylans, Landschaftsgedicht. Ein Gedicht über die Landschaft erwartet aber der Leser vergebens: Meylan schreibt vielmehr über die Schwierigkeit, ein Gedicht über die Landschaft schreiben zu können. Denn sie hat über die Landschaft, die sie sieht, nichts zu sagen: einzig die Beschreibung einer verseuchten, industriellen Landwirtschaft scheint ihr für ein Landschaftsgedicht geeignet zu sein. Dieses Verständnis der Landschaft erforscht das Essay anhand des „Hyperobjekt“-Konzeptes von Timothy Morton. Seine Behauptung, Phänomene wie die globale Erwärmung seien eine neue Art von epistemologischen „Objekten“, plädiert für eine Veränderung in der Mensch-Objekt-Beziehung und des Begriffs der Landschaft (die „Zero Landscape“). In diesem Kontext beruft sich das Essay auf den Neuen Materialismus Jane Bennetts. Die Darstellung der gebrauchten Objekte in der vorletzten Strophe des Landschaftsgedichts entspricht der Idee Bennetts von einer „assemblage“ menschlicher und nicht-menschlicher Aktanten. Vielleicht ist die Landschaft dem Sterben nah – und wird bald zum Ding zwischen Dingen.
Schlüsselwörter: Meylan, Landschaft, Hyperobjekte, Assemblage, Posthuman

A landscape is an object itself, not an object of poetry. Analysing Elisabeth Meylan’s Landschaftsgedicht
This essay analyses Elisabeth Meylan’s short poem, Landschaftsgedicht [‘landscape poetry’]. While the poem’s title might lead the reader to expect a poem about a (natural) landscape, Meylan’s writing rather explores her difficulties in writing about the (natural) landscape. The poet finds no inspiration in the landscapes she sees, rather visualising a polluted abandoned industrial area as a subject for her work. The essay explores the poet’s conceptualisation of landscape through Timothy Morton’s concept of ‘hyperobject’. Morton suggests that large-scale phenomena such as global warming constitute a new kind of ontological object, calling for new understandings of human-‘thing’ relationships and for a revisiting of the topos of the landscape (e.g. the ‘Zero Landscape). In this context, the paper also evokes Jane Bennet’s New Materialism, recognizing that Meylan’s description of the waste of the industrial landscape aligns closely to Bennett’s idea of “assemblage”: a powerful collective of human and non-human actants. Perhaps the natural landscape is in its final hours – on the brink of becoming a thing among things.
Keywords: Meylan; Landscape; Hyperobject; Assemblage; Post-human

 

Landschaftsgedicht
Aus dieser Landschaft
lässt sich kein Gedicht machen
obwohl du dich schon einige Zeit
darum bemühst. Mag sein,
dass es am Fluss liegt,
der sich zu sanft, zu richtig
durch die Gegend windet.
Man müsste eine Betonwand herbeiziehn,
mehr Kamine in die Gegend stellen,
mehr Leitungsmasten durch die Ebene
wandern lassen. Man müsste mehr
Zerstörung streuen: Konservendosen,
Plastikflaschen, Zeitungsfetzen,
am Hang ein Auto, ausgebrannt.
Dazu der unverändert blaue Himmel,
der wilde Wunsch, noch nicht
tot zu sein.2

Einleitung

1977 stellt sich Wolfgang Hildesheimer vor, die Welt ende mit schrillen Biosphärenklängen: vor der Apokalypse gebe es jedoch noch eine „Karenzzeit“. In einer ähnlichen Weise nimmt das Landschaftsgedicht Elisabeth Meylans dem Leser die Hoffnung nicht, es sei ein Leben auf der Erde sogar nach der „Zerstörung“ aller idyllischen Landschaften möglich. Was für eine Landschaft Meylan jedoch darstellt? – das ist die Frage. Sie gesteht ja in den ersten zwei Versen, sie habe aus der beobachteten Landschaft kein Landschaftsgedicht verfassen können. Da sie aber auf die „Landschaft“ im Titel hinweist, sollte man sich darüber klarwerden, warum ihr Gedicht ein Landschaftsgedicht ist. Ist vielleicht die „Landschaft“ bloß ein Wort, das man, um das poetologische Manifest der Sammlung Im Verlauf eines einzigen Tages zu paraphrasieren, „herankommen lassen“ soll?3

Meylan arbeitet lieber mit den „Materialen einer modernen Welt“, als mit denen der Natur.4 Sie stellt gerne intime Räumlichkeiten dar, wie schon der Titel der ersten Kurzprosasammlung zeigt, Räume, unmöbliert (1972).5 Und in ihrer Poetik bildet das Landschaftsgedicht keine Ausnahme: die Landschaft bezeichne, so Massimo Venturi Ferriolo, eine durch die Kultur veränderte Natur6 – also keine Natur im weitläufigen Sinn des Wortes. So drückt Meylans Gedicht den Wunsch aus, eine „Betonwand“ zwischen uns und der Natur „herbeiziehen“ zu lassen.7

Dass sich das beobachtende Subjekt von dem beobachteten Objekt distanziert, gilt einerseits als Prämisse für die Entstehung der Landschaft, andererseits problematisiert das Gedicht Meylans die Möglichkeit einer solchen Distanz, und zwar in einer Art und Weise, die an die Theorie des amerikanischen Philosophen Timothy Morton erinnert. Wie bekannt, plädiert er für eine neue Epistemologie: sie beruft sich nicht mehr auf die ontologische Unterscheidung zwischen einem aktiven Subjekt und einem passiven Objekt, sondern auf die Idee einer wechselseitigen Interaktion zwischen den beiden, der er den Namen “Hyperobjekt” gibt.

Morton behauptet, die Landschaft gehöre zum veralteten Idealismus des 19. Jahrhunderts und soll daher für tot erklärt werden. Einerseits verzichtet auch Meylan auf diese Tradition, indem sie sich nicht mehr an formale Vorgaben gebunden fühlt, was übrigens die moderne schweizerische Poesie kennzeichnet,8 andererseits spricht der Paratext ihres Landschaftsgedichts davon, dass Landschaftsgestaltungen für unser ästhetisches Bewusstsein noch eine Rolle spielen. Daher lässt sich das Landschaftsgedicht im Rahmen des neuen Materialismus der politischen Theoretikerin Jane Bennett erforschen. Ihre Auffassung der „Dinge“ als politische Aktanten einer Mensch-Nicht-Mensch-Relation lässt vermuten, Landschaftsgedichte zu schreiben sei heute zwar schwer, aber ihre neue Interpretation als „Dinge“ unter „Dingen“ könnte uns vielleicht bei der Vorstellung einer bewohnbaren Landschaft helfen.

Eine Konturierung der „Landschaft“

In der Studie zur Künstlerkolonie Worpswede schreibt Rainer Maria Rilke, man müsse sich „furchtbar allein unter Bäumen, die blühen, unter Bächen, die vorübergehen“, fühlen.9 Nie habe die Natur „teilgenommen“ an dem menschlichen Schmerz oder „eingestimmt“ in seine „Freude“.10 Das rege Interesse der Worpsweder Künstler für die Landschaftsmalerei lässt über dieses Entfremdungsgefühl nachdenken. Die Entstehungsstunde der vormodernen Landschaft habe laut Michael Jacob geschlagen, als dem späthellenischen Menschen, infolge der wachsenden Urbanisierung und der darauffolgenden Entfaltung eines subjektiven Zeitverständnisses, bewusst wurde, dass sein Leben nicht zum kosmischen Naturleben gehöre.11 Einzig eine reflektierende Individualität könne die Landschaft schöpferisch gestalten und die stereotypen Figurationen der „locus amoenus“ und „horridus“ in einer persönlichen Art und Weise neu bearbeiten.12 So entstehe nach Georg Simmel bekanntlich die Landschaft, „indem das in der Anschauung und im Gefühl pulsierende Leben sich von der Einheit der Natur überhaupt losreißt und das damit geschaffene […] sich sozusagen erst von sich aus jenem All-Leben wieder öffnet“.13 Die Natur sei in diesem Sinn nichts als das rohe „Material“ zur Landschaftsgestaltung: daher bezeichnet für Michel Collot die Landschaft nicht ein Land, „sondern eine bestimmte Art, sie als wahrnehmungsgemäße und ästhetisch organisierte Ganzheit zu betrachten, zu beschreiben oder zu malen: Sie hat ihren Sitz niemals nur in situ, sondern immer auch schon in visu und/oder in arte“.14

Mehr noch als die hier zu relativierende Behauptung, die Landschaft entstehe aus einer Subjekt-Objekt-Beziehung, ist die betonte Wechselwirkung zwischen der realen Landschaft und ihrer malerischen Darstellung von Bedeutung, wobei angemerkt sei, dass die Landschaft nicht als eine individuelle Künstlerschöpfung gilt, sondern als die Gemeinschaftsarbeit einer bestimmten Kultur.15 Daher hat Rilke Recht, als er die Landschaftsmalerei der Worpsweder Künstlerkolonie mit einem Generationswechsel erklärte: „Woran unsere Väter […] den Mund auftaten, um zu gähnen, da tun wir die Augen auf, um zu schauen, denn wir leben im Zeichen der Ebene und des Himmels“.16

Die Landschaft ist überdies ein ästhetisches Konzept. Damit sei hier weder die Frage berührt, ob und in welchem Sinn die Landschaft als ein „Kunstwerk in statu nascendi“ zu betrachten sei,17 noch sei als „ästhetisch“ der bloße Schmuck oder die „dekorative Zutat der phänomenalen Welt“18 gemeint, vielmehr sei als „Ästhetik“ hier eine „gneosologia inferior“ verstanden: eine Wissenschaft, die zwischen der Philosophie, der Rhetorik und der Poetik steht und die ihre Erkenntniselemente in der sinnlichen Empfindung und in den Gefühlen findet.19

Dass die Landschaft der Gegenstand eines ästhetischen Wissens sei, ist nun in zweierlei Hinsicht von Bedeutung. Zum einen unterscheidet sich die Landschaftstheorie durch ihre Beziehung zur Ästhetik vom Umweltschutz. Trotz ihrer politischen Bedeutung habe die Umweltschutzbewegung laut Paolo D’Angelo die ästhetische Frage der Naturschönheit vernachlässigt und das Thema des Überlebens des Lebens auf der Erde bevorzugt debattiert.20 Während die Naturästhetik die Geschichtlichkeit des Naturschönen enthüllt,21 berufe sich der Umweltschutz entweder auf ein ästhetisch überholtes Naturschöne22 oder verstehe die Naturschönheit lediglich als ein Mittel zur Sensibilisierung für den Umweltschutz.

Es lässt sich also die Frage stellen, ob die gegenwärtige Interessenlosigkeit für eine Ästhetik der Natur vielleicht ein Zeichen für die Schwierigkeit sei, Naturphänomene als Teil der Kultur betrachten zu können.23 Das sieht man am klarsten im Landschaftsgedicht Meylans, denn die betrachtete Landschaft befriedigt dort eben deswegen die Erwartungen des Subjektes nicht, weil sie – zu natürlich erscheint! Einerseits verfügt das lyrische Ich über ein Grundwissen darüber, was eine „Landschaft“ sei und erkennt sie als solche. Andererseits fällt es ihm schwer, die gesehene Landschaft zu erleben und in Worte zu fassen, weil sie dem lyrischen Ich fremd geworden ist.

Die BetracDie Annahme scheint htung der Landschaft unter dem Gesichtspunkt der Ästhetik ermöglicht zum zweiten, die emotive Fähigkeit zur Landschaftsgestaltung zu verfeinern. Es sei in dieser Hinsicht erwähnt, dass man sich besonders dann für die Landschaft interessiert, wenn sie in Gefahr ist, unterzugehen,24 wobei die vielen Tagungen, Kolloquien und Bücher zum Thema Landschaft es leider nicht verhindert haben, reale Landschaften aufs Spiel zu setzen.25 Daher vermutete Augustin Berque, dass die jetzige Verwüstung der urbanen und ländlichen Landschaften zeige, wie sehr eine Landschaft ohne Landschaftsarchitekten wünschbar sei.26 Nicht, dass sie an der trostlosen Situation der Landschaft schuldig seien: vielmehr lasse sich fragen, ob eine „pensée paysagère“ außerhalb der Landschaftstheorie formulierbar sei.27 Damit meint Berque verschiedene Praxen der Landschaftsgestaltung, die keine sprachliche Konzeptualisierung brauchen würden.28

Eine solche Kompetenz ist in Zeiten der Hyperobjekte erforderlich.

Landschaft im Anthropozän?29

Meylan schreibt in der zweiten Strophe ihres Gedichts, die beobachtete Landschaft würde erst dann beschreibbar werden, wenn man eine „Betonwand“ in die Gegend „herbei“30 ziehe.

Die Annahme scheint auf den ersten Blick nicht unbegründet. Damit sie entstehen kann, braucht ja die Landschaft eine Begrenzung: sei diese die Horizontlinie oder, in einem übertragenden Sinn, der ästhetische Erwartungshorizont einer bestimmten Kultur.31 Andererseits ist es irritierend, dass die gewünschte Landschaftsszenerie durch eine „Betonwand“ entsteht, die ein industrielles Gebiet und seine „Kamine“ ummauert. Man gewinnt den Eindruck, die Landschaft sei im Landschaftsgedicht mit der Landwirtschaft sinnverwandt. Hatte Simmel behauptet, die Natur biete lediglich das „Material“ zur Gestaltung der Landschaft, so erscheint nun die Natur als Rohstoff, dem erst die menschliche Arbeit einen Wert verleiht. Von dieser Sichtweise nimmt Meylan zwar Abstand, indem sie die Folgen des Erwirtschaftens der Natur im ersten Vers der dritten Strophe als „Zerstörung“ bedauert. Sie kennzeichnet jedoch die Gegenwart so sehr, dass das lyrische Ich lieber über eine zerstörte, als über eine ungestörte Landschaft spricht.

Übrigens prägt die ökonomische Ausnutzung der Natur das Anthropozän, wie es Georg N. Schäfer in einem Essay ausdrückt.32 Dort erinnert er daran wie das Verb „erwirtschaften“ die Gesamtheit des Ökonomischen definiere: es benenne sowohl den wirksamen Einsatz von knappen Ressourcen (das Wirtschaften), als auch die Schaffung eines ökonomischen Raumes, in dem ökonomische und kulturelle Werte gestaltet würden.33 Ein unerwünschtes Produkt des modernen Erwirtschaftens sei, so Schäfer, das Hyperobjekt. 34

Es ist bekanntlich Timothy Morton, der den Begriff „Hyperobjekt“ prägte.35 Dieser setzt eine bedeutende Wende in der Studie der menschlichen Erkenntnisfähigkeit in Gang, die sich um die Überlegung zur Bedeutung der Objekte dreht. So wird eine Objektbezogene Ontologie (Object Oriented Ontology) dem Idealismus von Immanuel Kant und der Romantik entgegengesetzt, die in den Mittelpunkt ihrer Reflexionen die anthropozentrierte Subjekt-Objekt-Beziehung stellte.36 Als Korrelationismus kritisiert, fand diese philosophische Anschauungsweise u.a. mit der Phänomenologie Edmund Husserls und der Relativitätstheorie Albert Einsteins ein Ende.37 Sich auf diese Theorien berufend, meint die O.O.O., Objekte besitzen auch ohne ein betrachtendes Subjekt eine eigene Wirklichkeit und begründet daher eine Lebensontologie, in der das Leben außerhalb einer Subjektposition, die es denkt, begründet wird. So schreibt Morton:

A hyperobject could be the Lago Agrio oli field in Ecuador, or the Florida Everglades. A hyperobject could be the biosphere, or the Solar System. […] A hyperobject could be the very long-lasting product of direct human manufacture […] or the sum of all the whirring machinery of capitalism.38

Hyperobjekte verlangen eine radikale Umgestaltung des vertrauten ökonomischen Rahmens: so lässt das bekannteste von ihnen, die globale Erwärmung, als Nebenprodukt der globalen Wirtschaft neue Notwendigkeiten entstehen.39 Sie sind unerwünschte Produkte der menschlichen Ausnutzung der natürlichen Ressourcen: sie würden sich aus der ökonomischen Konfiguration der „agrilogistics“ ergeben und datieren auf den Beginn des Holozäns zurück, als die erste Rationalisierung der Natur einsetzte.40

Landschaft erzählen. Erzählen als Landschaft

Meschiari behauptet, dass die Landschaft sich am besten dazu eigne, das Erzählen zu versinnbildlichen. Wie dieses hänge auch jedes Landschaftsbild von der Kultur ab: die Vorstellung von einer Landschaft zeugt von dem Geschmack des Einzelnen – und von der Kultur, in der er lebt.41 Auch Franco Zagari meint, dass die Landschaft ein Grundmoment der ästhetischen Wahrnehmung sei, denn sie ermögliche eine subjektive Überarbeitung einer geerbten Tradition.42 Und damit lässt sich die Frage beantworten, die am Anfang des vorliegenden Essays gestellt wurde: warum Meylan auf das Wort „Landschaft“ nicht verzichte, und zwar trotz aller Schwierigkeit, ein Bild der Landschaft sprachlich zu vermitteln.

Die „Landschaft“ im Titel ihres Gedichts problematisiert die Frage, ob man das überlieferte Naturbild einer Idyll-Szenerie mit der „Zerstörung“ der Natur überhaupt noch versöhnen könne (und solle). Zwar habe laut Venturi-Ferriolo das Konzept der Landschaft zu einer Relativierung der Dichotomie zwischen Natur und Kultur beigetragen, indem es gezeigt hat, dass das Wort „Kultur“ auf Lateinisch nichts anderes als die Herstellung einer für die Menschen bewohnbaren Natur bezeichne.43 Der Landschaft des Landschaftsgedichts Meylans gelingt es jedoch nicht, das dichotomische Paar „Kultur / Natur“ in Einklang zu bringen. Das Anthropozän kennt in der Tat keine solche Differenzierung mehr.

Ein bedeutendes Merkmal des Hyperobjekts ist die Viskosität: die Hyperobjekte würden, so Morton, an allem haften, was mit ihnen in Kontakt gerät.44 Daher lassen sie sich aus der Ferne nicht beobachten, sondern verleiben sich andere Körper durch Berührung ein.45 Es gibt also in der Beziehung zu Hyperobjekten keine Möglichkeit, zum Objekt irgendeine Distanz einzunehmen: eine Distanz, die jedoch als die unverzichtbare Voraussetzung für die Gestaltung der Landschaft galt. Viskos sind auch die wandernden „Leitungsmasten“ des Landschaftsgedichts: nur schwer sei eine Distanz zu ihnen zu halten, da sie sich durch die „Ebene“ bewegen, und zwar in einer unvorhersehbaren Art und Weise, ohne Ziel, wie zerstreute, träumerische Wanderer. Durch die metaphorische Beschreibung der Leitungsmasten als Wanderer weist Meylan überdies auf die Romantik hin. Das bietet eine interessante Annäherung zur Frage, wie man sich eine postmoderne Landschaft mithilfe der Hyperobjekte vorzustellen habe.

Dank der Wanderer-Figuration konnte sich der romantische Leser in die dargestellte Landschaft einfühlen.46 Auch Meylan fordert ein ähnliches Einfühlungsvermögen des Lesers, wenn sie sich ganz am Anfang des Gedichts an ein „du“ wendet, das sich darum bemüht, aus der beobachteten Landschaft ein Landschaftsgedicht zu machen. Indem sie aber die Leitungsmasten mit einem Wanderer vergleicht, lädt sie den Leser ein, sich sozusagen in einem Leitungsmast hineinzudenken. Ist denn ein Objekt, wie es Morton schreibt, „nicht notwendigerweise etwas, das unbewegt und fest ist, aber doch etwas, das von uns verschieden ist und nicht nur darum existiert, weil wir es sehen können“?47 Meylans Anspielung auf das Wandern und, allgemeiner noch, auf die Romantik, hat also mit der Infragestellung der anthropozentrischen Beziehung zur Landschaft zu tun.

Eine ausführliche Analyse der romantischen Landschaft würde weit über das Thema des Artikels hinausführen. Erinnert sei hier lediglich daran, dass die europäische Romantik unter „Landschaft“ eine emotive Seelenlandschaft verstand48 und davon überzeugt war, diese würde dem Bewusstwerden des Subjektes dienen.49 Setzte man sich mit der Fremdheit der Natur auseinander, glaubte man, dass man so ein besseres Verständnis der eigenen kognitiven Eigenschaften gewinne.50 Daher sei die romantische Landschaft laut Morton idealistisch: die Sehnsucht nach „sanften Hügeln“ verrät den Wunsch, das Subjekt ins Zentrum der Welt zu stellen.51 In einem Landschaftsbild handele es sich nicht so sehr um das Betrachtete, sondern um die Einstellung, die man brauche, um es zu betrachten: es gehe, wie Morton paraphrasiert, „weniger um das Land, als um die Schaft“.52 Die romantische Landschaftsanschauung finde im Zeitalter der Hyperobjekte aber schon deswegen ein Ende, weil die Hyperobjekte die korrelationistische Subjekt-Objekt-Beziehung überwinden. So sollten wir nicht mehr sagen, wir leben in der „Welt“: in der Tat leben wir in einem „Objekt“, in dem es keine Distanz zwischen uns und den Ereignissen des Anthropozäns gibt und – es gibt kein Subjekt mehr.53 Der Gestaltung der Landschaft in der Erzählung der ersten oder dritten Person setzt Morton daher eine „Nullperson-Perspektive“ entgegen.54 So stellt er fest:

Wir müssen auch Raum schaffen für Kaninchen, Blumen, Seeigel, Korallen, Granit, Sand; die Städte, Dörfer, Häuser und Kirchen, jene Entitäten, welche die Technik und Ästhetik der Landschaften in ein Bild für abgelösten menschlichen Konsum verwandeln. Aber der Versuch, dieses Spiegel-Glashaus der ästhetischen Dimension zu verlassen, ist zum Scheitern verurteilt. […] Weil Hyperobjekte […] uns nie in Ruhe lassen. […] Intimität wird das neue Schlüsselwort werden.55

Landschaft und Leistung

Mortons „Nullperson-Perspektive“ regt also nicht so sehr zur endgültigen Überwindung aller Landschaft, sondern zu einem alternativen Landschaftsverständnis an. Als solches ist eine Landschaftskonfiguration gemeint, deren Aktanten von menschlicher und nicht-menschlicher Natur sind. Spricht nicht auch schon die Tatsache, dass Meylan die Leitungsmasten ihres Gedichts in metaphorischer Weise wandern lässt, davon, dass gewöhnliche Objekte ihr eigenes Schicksal in die Hand nehmen können? Der neue Materialismus von Jane Bennett dient nun als Methode, diese Frage zu beantworten und das Landschaftsgedicht weiter zu analysieren.

Wie Elizabeth Groth und Rosi Braidotti so zielt auch Bennett auf eine Erweiterung der feministischen Theorietradition unter Bezugnahme auf die kritisierte Überbetonung von Rationalität in der philosophischen Schule von Michel Foucault, Gilles Deleuze und Felix Guattari.56 Sich auf die Soziologie Bruno Latours beziehend, behaupten überdies die neuen Materialistinnen, dass Dinge eine eigene Handlungsmacht (agency) besitzen. Indem die Dinge Effekte auf das Soziale ausüben, unterscheiden sie sich nicht von anderen aktiven Subjekten.57 Das „Ding“ (thing) erklärt Bennett als das, was nicht ganz auf den Kontext reduziert werden könne, in den es sonst gestellt würde.58 Die Dinge würden überdies nicht unbedingt Menschen brauchen, um eine Wirkung zu haben: übrigens seien schon die Akteure der Netzwerk-Theorie Latours sowohl menschlich, als auch nicht-menschlich gewesen.59 Ihre Relation im Netzwerk bezeichnet Bennett als „assemblage“. In ihrer Theorie definiert dieses von Deleuze geprägte Wort die Handlungsfähigkeit der Dinge.

Die Idee der Handlungsmacht der Dinge berufe sich einerseits auf den kindlichen Glauben, die Dinge würden ein eigenes, heimliches Leben führen.60 Eine Vorstellungsweise, die denn in nuce eine Überwindung des sonst behaupteten Dualismus zwischen Leben und Dinglichkeit enthält.61 Andererseits fordert Bennett eine radikale Reflexion über die Art und Weise, in der wir die Dinge sehen: und zwar nicht als Individualitäten, sondern als Konglomerate („assemblage“).62 Assemblages erklärt Bennett so: „Assemblages are ad hoc groupings of diverse elements […]. Assemblages are not governed by any central head: no one materiality has sufficient competence to determine consistently the trajectory or impact of the group”.63 Ein Stromnetz ist laut Bennett für die Assemblagen beispielhaft, weil es ein System ist, das aus verschiedenen, miteinander verknüpften Elementen beider Naturen, der menschlichen und der nicht-menschlichen, wie Elektronen, Winde oder elektromagnetische Felder besteht.64

Einige Schlussbemerkungen zu einem Gedicht, „das nicht zu betrachten ist“65

Die Theorie der Assemblage von Bennett bietet eine weitere Anregung im Zusammenhang mit der bereits erwähnten Frage nach der Beziehung der Hyperobjekte zum Ökonomischen.

Mortons Konzept von „agrilogistics“ war dem Hauptargument der Dialektik der Aufklärung, die abendländische Kultur habe längst versucht, die Natur zu beherrschen, nicht so weit entfernt. Die westliche Sucht nach Beherrschung der Natur kennzeichne laut Theodor Adorno und Max Horkheimer das „fortschreitende Denken“ der europäischen Aufklärung und entstehe als die äußerste Folge der Kantischen Überzeugung, dass es kein „Sein“ in der Welt sei, „das Wissenschaft nicht durchdringen könnte“.66

Die Bedeutung ihres Erwirtschaftens erkläre die gesellschaftliche Unterwerfung der Frau. Da sie nichts produziere, sondern die männlichen Produzierenden pflege, so sei sie auch kein Subjekt,67 sondern sie verkörpere bloß die „biologische Funktion“ und wird daher mit den Wilden verglichen, „in deren Unterdrückung der Ruhmestitel dieser Zivilisation bestand“.68

Eine ähnliche Diskriminierung der Frauen beklagt auch Ursula K. Le Guin, die vermutet, dass sich die abendländische Zivilisation auf den Topos des „Helden“ berufe: so hätten Männer Geschichten von Männern und für Männer erzählt, in denen sogar der Ursprung der Zivilisation mit der Heldentat der Jagd erklärt wurde und zwar mit der Erfindung von Messern und Pfeilen.69 Dieser Ur-Geschichte stellt Le Guin ein alternatives Erzählungsmuster entgegen: die Tragetasche-Theorie des Erzählens (Carrier Bag Theory of Fiction).70 Den Ausdruck verdankt sie der Theorie der Feministin Elizabeth Fishers, die im vieldiskutierten Buch Woman’s Creation (1979) die These vertrat, Frauen würden sich von Männern in der Betrachtung der Natur unterscheiden. Fischer behauptet unter anderem, das erste Werkzeug der Menschheit sei in der Tat ein Behältnis gewesen: ein Beutel, wie es Le Guin für ihre Tragetasche-Theorie paraphrasiert. Sie meint weiter, die Zeit sei reif dafür, dass die Frauen sich das Erzählen als eine Tragetasche vorstellen und sich von der Symbolik des Konflikts verabschieden.71 „It is the story that makes the difference. […]. Hence it is with a certain feeling of urgency that I seek the nature, subject, words of the other story“, schreibt Le Guin.72

Etwas Ähnliches charakterisiert das Landschaftsgedicht. Die verbrauchten Objekte, äußern dort einerseits die Kritik Meylans an der Konsumgesellschaft und an der wachsenden Amerikanisierung der deutschsprachigen Gesellschaft.73 Andererseits zeugt die Aktanten-Assemblage der „Konservendosen“ und „Zeitungsfetzen“ von dem Interesse Meylans für eine kollektive Gestaltung der Landschaft. In welcher Beziehung diese letzte zur poetologischen Frage nach einem alternativen Erzählmuster steht, das hängt von der literarischen Funktionalisierung verbrauchter Dinge ab.

In der Studie Gli oggetti desueti nelle immagini della letteratura begründet Francesco Orlando die literarische Faszination für Gerümpel und dergleichen mit der Wiederkehr des Gehemmten.74 So wie der Traum oder der Witz, ermögliche die Literatur laut Freud, durch die Vorstellungskraft gehemmte Ereignisse wieder zu erleben: wobei es sich am häufigsten um die unwirkliche Übertretung von einem „rationalen“ Prinzip handle, denn dank der dichterischen Freiheit können irrationale Ereignisse literarisch dargestellt werden.75 Das gilt auch für die Repräsentation von Dingen in der Literatur. Dort seien laut Orlando ein „funktionales“ und ein „antifunktionales“ Prinzip voneinander zu unterscheiden.76 Mit dem ersten benennt er die Funktion, die den Dingen je nach ihrer Leistungsfähigkeit im ökonomischen System des Kapitalismus beigemessen werden.77 Leistungsunfähig würden dagegen die „antifunktionalen“ Dinge erscheinen: mit ihnen ziele die Literatur auf eine Umwälzung des Realitätsprinzips (und der ökonomischen Prinzipien der Wirklichkeit) ab.78Außerdem drücken solche Dinge die Doppeldeutigkeit der Verneinung aus.79 Als solche bezeichnet Freud „eine Art, das Verdrängte zur Kenntnis zu nehmen, eigentlich schon eine Aufhebung der Verdrängung aber freilich keine Annahme des Verdrängten“.80 Will man paraphrasieren, so lässt sich behaupten, dass die Verneinung der Leistungsfähigkeit der Dinge anhand des „antifunktionalen“ Prinzips, die einzige Bedingung bietet, unter der eine verdrängte Vorstellung zum Bewusstsein durchdringen könne.81 So polemisiert Meylan mit den „Konservendosen“ und den „Plastikflaschen“ gegen die Apotheose des Konsumwerks und stellt ihm ein neues Verständnis der „Leistung“ gegenüber: die wandernden Leitungsmasten drücken den Wunsch nach einer Ökologie der Dinge aus, die die Dichotomie zwischen Natur und Kultur überwindet. Die Landschaft der Gegenwart ist vielleicht schon deswegen – ein Landschaftsding.

Literaturverzeichnis

Adorno, Theodor, Horkheimer, Max: Die Dialektik der Aufklärung. Berlin 2013.
Bennett, Jane: Vibrant Matter. A political Ecology of Things. Durham und London 2010.
Berque, Augustin: Thinking Through Landscape. London 2013.
Bigell Werner und Chang Cheng: The Meanings of Landscape: Historical Development, Cultural Frames, Linguistic Variation and Antonyms. In: Ecozon@, Online 2014, Bd.5, Nr. 1, S. 84‒103.
Braungart, Wolfgang und Jakobs, Silke: Staunen und Hingabe. Zur Ästhetik des Wissens seit dem 18. Jahrhundert. In: Krohn, Wolfgang: Ästhetik der Wissenschaft. Hamburg 2006, S. 201‒208.
Collot, Michel: Landschaft. In: Dünne, Jörg, Mahler, Andreas (Hrsg.): Handbuch Literatur & Raum. Berlin/München/Boston 2015, S. 151‒159.
D’Angelo, Paolo: Estetica della natura. Bari 2001.
Dinnebier, Antonia: Der Blick auf die schöne Landschaft – Naturaneignung oder Schöpfungsakt? In: Fischer, Ludwig (Hrsg.): Projektionsfläche Natur. Zum Zusammenhang von Naturbildern und gesellschaftlichen Verhältnissen. Hamburg 2004, S. 61‒67.
Franzini, Elio: L’estetica del Settecento. Bologna 2002.
Freud, Sigmund: Werke aus dem Jahre 1925‒1953 in: Gesammelte Werke, Chronologisch geordnet. London 1955.
Hildesheimer, Wolfgang: Biosphärenklänge. Ein Hörspiel. Frankfurt am Main 1977.
Horvat, Vesna Kondrič: „Die Fenster meiner Poesie sind weit geöffnet zur Strasse“. Ein Gespräch mit Roger Perrett über seine Anthologie ‚Moderne Poesie in der Schweiz‘. In: Journal for Foreign Languages 6 (1), 2014, S. 237‒250.
Jakob, Michael: Paesaggio e letteratura. Florenz 2017.
Le Guin, Ursula K.: The Carrer Bag Theory of Fiction. In: Glotfelty, Cheryll, Fromm, Harald (Hrsg.): The Ecocriticism Reader. Landmarks in literary Ecology. Athen/London 1996, S. 149‒154.
Lipp, Wilfred: Der Wanderer. Anmerkungen zu einer Real- und Kunstfigur der Frühmoderne. In: Kunsthistorisches Jahrbuch 23 (1988), S. 122–145.
Manghi, Nicola: Intervista a Bruno Latour. In: Quaderni di Sociologia (77), 2018, S. 107‒128.
Marrone, Gianfranco: Addio alla natura. Turin 2011.
Marti, Kurt: Werkauswahl in 5. Bänden. Ausgewählt von Kurt Marti und Elsbeth Pulver, Bd.5. Zürich 1996.
Meschiari, Matteo: Sistemi selvaggi. Antropologia del paesaggio scritto. Palermo 2008.
Meylan, Elisabeth: Im Verlauf eines einzigen Tages. Zürich 1978.
Morton, Timothy: Dark Ecology. For a Logic of future Coexistence. Columbia 2016.
Morton, Timothy: Zero Landscapes in the Time of Hyperobjects. In: Graz Architectural Magazine 7 (2011), S. 78–87.
Morton, Timoty: Hyperobjects. Philosophy and Ecology after the End of the World. Minneapolis/London 2013.
Orlando, Francesco: Gli oggetti desueti nelle immagini della letteratura. Rovine, reliquie, rarità, robaccia, luoghi inabitati e tesori nascosti. Turin 1993.
Peters, Helge Christian: (Neu-)Politisierungen in feministischen New Materialisms: Elizabeth Groth, Jane Bennett und Rosi Braidotti. In: Freiburger Zeitschrift für Geschlechterstudien (2018), Nr. 24, S. 15‒30.
Pezold, Klaus (Hrsg.): Geschichte der deutschsprachigen Schweizer Literatur im 20. Jahrhundert. Berlin 1991
Pulver, Elsbeth: Einleitung in Pulver, Elsbeth, Dallach, Sybille: Zwischenzeilen – Schriftstellerinnen der deutschen Schweiz. Dossier Literatur Pro Helvetia, Zürich/Bern 1989, S. 9‒30.
Rilke, Rainer Maria: Worpswede. In: Rilke-Archiv (Hg.): Sämtliche Werke. Frankfurt 1961.
Rusterholz, Peter, Solbach, Andreas (Hrsg.): Schweizer Literaturgeschichte. Stuttgart/Weimar 2007.
Schäfer, N. Georg: Die Erwirtschaftung des Anthropozäns. Über ein Verhältnis von wirtschaftlicher Tätigkeit, Hyperobjekten und dem Zeitalter des Menschen. In: Schäfer, N. Georg, Schuster, Sören E. (Hrsg.): Auf philosophischer Expedition. Interdisziplinäre Zugänge zur Ökonomie. Marburg 2019, S.81‒101.
Simmel, Georg: Philosophie der Landschaft. In: Gallwitz, Sophie Dorothea (u.a.) (Hrsg.): Die Güldenkammer. Eine bremische Monatsschrift. Bremen 1913, H. II, S. 635‒644.
Slovic, Scott: Natur Writing and Environmental Psychology: The Interiority of Outdoor Experience. In: Glotfelty, Cheryll und Fromm, Harald (Hrsg.): The Ecocriticism Reader. Landmarks in literary Ecology. Athens/ London 1996, S. 351‒370.
Venturi Ferriolo, Massimo: Oltre il giardino. Filosofia di paesaggio. Turin 2019.
Zagari, Franco: Questo è paesaggio, 48 Definizioni. Rom 2021.


  1. Hildesheimer, Wolfgang: Biosphärenklänge. Ein Hörspiel. Frankfurt am Main 1977, S. 15.
  2. Meylan, Elisabeth: Landschaftsgedicht. In: (dies): Im Verlauf eines einzigen Tages. Gedichte. Zürich 1978, S. 123.
  3. „Die Wörter herankommen lassen// Nicht mehr nach Wörtern suchen, // sondern die Wörter herankommen lassen, // jedes in seiner einmaligen Gestalt // Scharen von Wörtern, // aus denen sich unvermutet// eine Situation ergibt…“ In: Pulver, Elsbeth, Dallach, Sybille (Hrsg.): Zwischenzeilen: Schriftstellerin der deutschen Schweiz. Dossier Literatur „Pro Helvetia“. Bern 1989, S. 45.
  4. Rusterholz, Peter, Solbach, Andreas (Hrsg.): Schweizer Literaturgeschichte. Stuttgart, Weimar 2007, S. 367.
  5. Über die sozialen und geschichtlichen Anlässe, die zur Metaphorik des „eigenen Frauen-Zimmers“ in der schweizerischen Literatur noch heute führen, s. Fuchs, Regula: Ein eigenes Frauen-Zimmer? Die aktuelle Situation nach 2000 in: Ebd., S. 425‒444.
  6. Venturi Ferriolo, Massimo: Oltre il giardino. Filosofia di paesaggio. Turin 2019, S. 14.
  7. Genannt wird hier eine Auslese der Studien und Essays, die sich mit der literarischen Darstellung der schweizerischen Landschaft in der deutschsprachigen Literatur auseinandergesetzt haben. Es sei hier an die literaturkritische Sammlung Die skeptische Landschaft. Deutschsprachige Lyrik aus der Schweiz seit 1900 erinnert, die 1988 von Klaus Dieter Schult veröffentlicht wurde. Darunter seien einige der Beiträge erwähnt, die anhand der ökokritischen Perspektive das Thema Landschaft erforschen: Daniel Rothenbühlers, „Der Text folgt dem Genius loci“. Ökokritik in Lyrik und Prosa von Martin Bieri (CH-Studien Nr.3/ 2020), Beatrice Sandbergs, Ökokritik in schweizerischen Sammelbänden, wissenschaftlichen Publikationen und Literaturzeitschriften. Versuch einer Bestandsaufnahme (CH-Studien, Nr. 3/2020).
  8. Horvat, Vesna Kondrič: „Die Fenster meiner Poesie sind weit geöffnet zur Strasse“. Ein Gespräch mit Roger Perrett über seine Anthologie ‚Moderne Poesie in der Schweiz‘. In: Journal for Foreign Languages 6 (1), 2014, SS. 237-250, hier S. 240.
  9. Rilke, Rainer Maria: Worpswede in: Rilke-Archiv (Hg.): Sämtliche Werke. Frankfurt 1961, SS. 10‒11.
  10. Ebd., S. 12.
  11. Jakob, Michael: Paesaggio e letteratura. Florenz 2017, SS. 17‒18.
  12. Dinnebier, Antonia: Der Blick auf die schöne Landschaft – Naturaneignung oder Schöpfungsakt? In: Fischer, Ludwig (Hrsg.): Projektionsfläche Natur. Zum Zusammenhang von Naturbildern und gesellschaftlichen Verhältnissen. Hamburg 2004, S. 63.
  13. Simmel, Georg: Philosophie der Landschaft. In: Gallwitz, Sophie Dorothea (u.a.) (Hrsg.): Die Güldenkammer. Eine bremische Monatsschrift. Bremen 1913, H. II, S. 636.
  14. Collot, Michel: Landschaft. In: Dünne, Jörg, Mahler, Andreas (Hrsg.): Handbuch Literatur & Raum. Berlin/München/Boston 2015, S. 153.
  15. Dubbini, Renzo: Geografie dello sguardo. Visione e paesaggio in età moderna. Turin 1994, S. 3.
  16. Rilke, wie Fußnote 9, S. 26.
  17. Zit. in: Dinnebier, wie Fußnote 12, S. 71.
  18. Braungart, Wolfgang, Jakobs, Silke: Staunen und Hingabe. Zur Ästhetik des Wissens seit dem 18. Jahrhundert. In: Krohn, Wolfgang: Ästhetik der Wissenschaft. Hamburg 2006, S. 201.
  19. Franzini, Elio: L’estetica del Settecento. Bologna 2002, S. 33.
  20. D’Angelo, Paolo: Estetica della natura. Bari 2001, S. 70.
  21. Ebd., S. 8.
  22. Auch Gianfranco Marrone behauptet, die ökologische Debatte wolle auf die Idee nicht verzichten, die Natur sei die Quelle aller Schönheit und ihre Harmonie entspreche einer tieferen Harmonie des Kosmos. Marrone, Gianfranco: Addio alla natura. Turin 2011, S. 23.
  23. Ebd., S. 110.
  24. Collot, wie Fußnote 14, S. 151.
  25. Ebd., S. 151.
  26. Berque, Augustin: Thinking Through Landscape. London 2013, S. 4.
  27. Ebd., S. 3.
  28. Ebd., S. 3.
  29. Mit dem Wort „Anthropozän“ sei hier das Zeitalter genannt, das Bruno Latour als „nouveau régime“ bezeichnet. S. Manghi, Nicola: Intervista a Bruno Latour in: Quaderni di Sociologia (77), 2018, S. 113.
  30. Meylan, wie Fußnote 1, S. 192.
  31. Bigell, Werner/Chang, Cheng: The Meanings of Landscape: Historical Development, Cultural Frames, Linguistic Variation, and Antonyms. In: Ecozon@. Online 2014, Bd.5, Nr. 1, S. 85.
  32. Schäfer, N. Georg: Die Erwirtschaftung des Anthropozäns. Über ein Verhältnis von wirtschaftlicher Tätigkeit, Hyperobjekten und dem Zeitalter des Menschen in: Schäfer, N. Georg und Schuster, Sören E. (Hrsg.): Auf philosophischer Expedition. Interdisziplinäre Zugänge zur Ökonomie. Marburg 2019, S. 82.
  33. Ebd., S 82.
  34. Ebd., S 84.
  35. Der Begriff erscheint erst 2010 im Essay „The ecological Thought“. Morton, Timothy: Hyperobjects. Philosophy and Ecology after the End of the World. Minneapolis und London 2013, S. 1.
  36. Ebd., S. 9.
  37. Ebd., S. 10‒11.
  38. Ebd., S. 1.
  39. Schäfer, wie Fußnote 32, S. 85.
  40. Morton, Timothy: Dark Ecology. For a Logic of future Coexistence. Columbia 2016, S. 42.
    So erklärt Morton das Konzept von „agrilogistics“: „The term names a specific logistic of agriculture that arose in the Fertile Crescent and that is still plowing ahead. Logistics, because it is a technical, planned and perfectly logical approach to build space“. Ebd., S. 87.
    Die „agrilogistics“ sei jedoch nach Schäfer auf die antike Naturauffassung nicht ganz anwendbar. So meint er, dass sich die antike Weltanschauung lieber auf die Zeit als auf den Raum fokussierte. Außerdem würde das klassische Ideal der Eudämonie der Behauptung Mortons krass widersprechen, die Antike würde sich mit einem Minimalstandard für Glück und Befriedigung der materiellen Not begnügen.
    S. Schäfer, wie Fußnote 32, S. 88.
  41. Meschiari, Matteo: Sistemi selvaggi. Antropologia del paesaggio scritto. Palermo 2008, S. 50.
  42. Zagari, Franco: Questo è paesaggio, 48 Definizioni. Rom 2021, S. 50.
  43. Ferriolo, wie Fußnote 6, S. 14.
  44. Schäfer, wie Fußnote 32, S. 84.
  45. Morton, wie Fußnote 35, S. 27.
  46. Lipp, Wilfred: Der Wanderer. Anmerkungen zu einer Real- und Kunstfigur der Frühmoderne. In: Kunsthistorisches Jahrbuch 23 (1988), hier S. 131.
  47. Morton, Timothy: Zero Landscapes in the Time of Hyperobjects in: Graz Architectural Magazine 7 (2011), S. 82.
  48. Collot, wie Fußnote 14, S. 153.
  49. Slovic, Scott: Natur Writing and Environmental Psychology: The Interiority of Outdoor Experience. In: Glotfelty, Cheryll und Fromm, Harald (Hrsg.): The Ecocriticism Reader. Landmarks in literary Ecology. Athens und London: 1996, SS. 351‒352.
  50. Ebd., SS. 351-352.
  51. Morton, wie Fußnote 47, S. 81.
  52. Ebd., S. 80.
  53. Ebd., S. 82.
  54. Ebd., S. 81.
  55. Ebd., S. 81.
  56. Geschlechterstudien (2018), Nr. 24, S. 16.
  57. Ebd., S. 16.
  58. Bennett, Jane: Vibrant Matter. A political Ecology of Things. Durham und London 2010, S. 5.
  59. Ebd., S. 9.
  60. Ebd., S. 20.
  61. Ebd., SS. 86‒89.
  62. Ebd., S. 21.
  63. Ebd., S. 24.
  64. Ebd., S. 446.
  65. „ein gedicht/ das nicht zu begreifen ist/ möchte vielleicht betastet sein // ein gedicht/ das nicht zu betasten ist/ möchte vielleicht betreten sein // ein gedicht / das nicht zu betreten ist/ möchte vielleicht betrachtet sein // ein gedicht/ das nicht zu betrachten ist/ möchte vielleicht begriffen sein“. Kurt Marti: gedicht von gedichten. In: Werkauswahl in 5. Bänder. Ausgewählt von Kurt Marti und Elsbeth Pulver, Bd.5. Zürich 1996, S. 59.
  66. Adorno, Theodor, Horkheimer, Max: Die Dialektik der Aufklärung. Berlin 2013 S. 87.
  67. Ebd., S. 105.
  68. Ebd., S. 105.
  69. Le Guin, Ursula K.: The Carrer Bag Theory of Fiction. In: Glotfelty, Cheryll und Fromm, Harald (Hrsg.): The Ecocriticism Reader. Landmarks in literary Ecology. Athens und London 1996, S. 152.
  70. Ebd., S. 151.
  71. Ebd., S. 153.
  72. Ebd., S. 152.
  73. Diese Polemik kehrt in der Sammlung Im Verlauf eines einzigen Tages wieder. Siehe: Pezold, Klaus (Hrsg.): Geschichte der deutschsprachigen Schweizer Literatur im 20. Jahrhundert. Berlin 1991, S. 67.
  74. Orlando, Francesco: Gli oggetti desueti nelle immagini della letteratura. Rovine, reliquie, rarità, robaccia, luoghi inabitati e tesori nascosti. Turin 1993, S. 8.
  75. Ebd., S. 8.
  76. Ebd., S. 9.
  77. Ebd., S. 10.
  78. Ebd., S. 11.
  79. Ebd., S. 14.
  80. Freud, Sigmund: Werke aus dem Jahre 1925-1953 in: Gesammelte Werke, Chronologisch geordnet. London 1955, S. 12
  81. Ebd., S. 12.