In eigener Sache: Selbstdarstellungspraxis in Essays von Lukas Bärfuss

Jan Trna; Universität Brno

Im vorliegenden Aufsatz wird das essayistische Werk von Lukas Bärfuss anhand zweier Essaysammlungen Stil und Moral (2015) und Krieg und Liebe (2018) betrachtet. Herangezogen werden vornehmlich Texte, die auf die Biografie des Autors Rekurs nehmen und eine Antwort auf die drei folgenden Teilfragen suchen: Es wird erstens nach der Bedeutung des Wesens von Literatur für das Privat- sowie Schriftstellerleben des Autors gefragt, zweitens nach den thematischen und motivischen Schnittmengen zwischen seinen fiktionalen und nichtfiktionalen Texten und schließlich drittens nach Bärfuss’ Lektüregewohnheiten der Texte anderer Autoren und ihrer Interpretation. Da ständig Bärfuss’ eigenes Leben thematisiert wird, soll im Folgenden versucht werden herauszufinden, welche Strategien der Selbstdarstellung Lukas Bärfuss heranzieht, um durch Essays sein symbolisches Kapital (Bourdieu) auf dem literarischen Feld zu festigen bzw. fortzuschreiben.

Schlüsselwörter:
Lukas Bärfuss, Essays, Stil und Moral, Krieg und Liebe, nichtfiktionale Texte, fiktionale Texte

On his own Account: Self-presentation Practice in Essays by Lukas Bärfuss
In this paper, the essayistic work of Lukas Bärfuss is examined on the basis of two essay collections Stil und Moral [Style and Morals] (2015) and Krieg und Liebe [War and Love] (2018). The following questions are pointed out: The first question deals with the significance of literature for the private and author’s life, the second one with the thematic and motivic overlaps between his fictional works and non-fictional texts and the third one with Bärfuss’ reading habits of the texts of other writers and their influence on his own literary work. As Bärfuss’ own life is constantly discussed, the emphasis is put on finding out self-presentation strategies of Lukas Bärfuss, in order to consolidate his symbolic capital (Bourdieu) by essays in the literary field.

Keywords:
Lukas Bärfuss, Essays, Stil und Moral, Krieg und Liebe, non-fictional texts, fictional texts

Lukas Bärfuss1 etablierte sich im deutschsprachigen Raum zunächst als Dramatiker.2 Seine später publizierten prosaischen Werke wurden anfangs wenig begeistert aufgenommen,3 wenn auch mit zeitlichem Abstand umso wohlwollender rezipiert.4 Daneben gilt Bärfuss als ,öffentlicher Intellektueller‘ – eine Rolle, die er auch aufgrund seiner medialen Präsenz bekleidet, etwa als Teilnehmer an politischen Debatten5 oder als Redner bei kulturellen Veranstaltungen. Der Bürger Bärfuss meldet sich auch schriftlich zu Wort. Seine Artikel und Aufsätze erscheinen in namhaften Zeitungen6 und sorgen in der Regel für Furore. In den letzten Jahren7 wurden diese nichtfiktionalen und meinungsstarken Texte von Bärfuss in Essaysammlungen herausgegeben. Einerseits findet man hier also bereits erschienene Texte in überarbeiteter Form, andererseits aber auch Reden von Bärfuss, die im Rahmen der Sammlungen erstmalig als ausformulierte Essays vorliegen. So offenbaren die Essaysammlungen vor allem den Blick des Autors nach innen, auf seine Gedankenwelt, das Wesen seines Schaffens.

Im vorliegenden Beitrag wird den folgenden Fragen nachgegangen: Welche Bedeutung hat die Literatur für das Privat- sowie Schriftstellerleben von Lukas Bärfuss? Welche thematischen und motivischen Schnittmengen weisen seine fiktionalen und nichtfiktionalen Texte auf? Wie geht Bärfuss interpretatorisch bei der Lektüre der Texte anderer Autoren vor? Da ständig das eigene Leben thematisiert wird, wird im Folgenden versucht herauszufinden, welche Strategien der Selbstdarstellung Lukas Bärfuss heranzieht, um durch seine Essays sein symbolisches Kapital auf dem literarischen Feld zu mehren.8

Literatur als Wegweiser und Retter

In Bärfuss’ Schilderung seiner Adoleszenz kommt der Literatur eine besondere Bedeutung zu. Denn in dem Moment, wenn er beschließt, eine Lehre als Buchhändler zu beginnen und sich damit von seinen prekären Lebensumständen zu befreien, eröffnet sich ihm eine neue Welt ungeahnter Möglichkeiten, auch wenn seine erste Bestandsaufnahme des Buchhändlerberufs auch nüchterne Gedanken enthält: „Seine Arbeit [die des Buchhändlers] schien mir nicht übertrieben anstrengend, und zudem wäre ich umgeben von Büchern, eine verheißungsvolle Vorstellung.“9

Das ‚Verheißungsvolle‘ des Berufs wiederum rührt daher, dass Bärfuss von klein auf ein spezielles Verhältnis zum Lesen pflegte: „Meine Lektüre machte mich in meiner Welt zu etwas Besonderem. Sie verlieh mir eine Identität, eine Bildung, die mich von den anderen unterschied, mir einen Wert gab, einerlei, für welchen Taugenichts und Tagedieb man mich halten mochte.“10 Die identitäts- und bildungsstiftende Wirkung der Literatur, wie Bärfuss sie vor allem als Heranwachsender selbst erlebte, lässt ihn gewissermaßen zum Autodidakten werden, wobei er selbst – beispielsweise in einer Rede vor angehenden Journalisten – auf seine eigene mangelnde Bildung aufmerksam macht, die er folglich nicht als ‚überwunden‘ betrachtet.11 Bärfuss hat sich sein Wissen also nicht in institutionellen Kontexten angeeignet.12

Den Beginn seiner Autorwerdung, nach Abschluss seiner Ausbildung zum Buchhändler, ‚datiert‘ Bärfuss wie folgt: „In jener Zeit, ich war gerade zwanzig und also erwachsen geworden, begann ich zu schreiben.“13 Den Punkt, an dem er vom Leser zum Autor wird, betrachtet Bärfuss folglich als deckungsgleich mit dem Erreichen seiner persönlichen Reife. Einen Einblick in den allmählichen Prozess seines Schriftstellerwerdens gewährt er etwa im Zusammenhang mit seinen ‚übersetzerischen Übungen‘:

Zum Handwerk des Übersetzens habe ich ein zwar langes, aber loses Verhältnis. Während meiner ersten Versuche, ein Schriftsteller zu werden, hatte ich französische und amerikanische Literatur ins Deutsche übertragen. Diese Übersetzungen zu veröffentlichen wäre mir nie in den Sinn gekommen. Es blieben Übungen, an denen ich meine Rhythmik und das Vokabular schulte.14

Sprachgewandtes Agieren innerhalb der literarischen Tätigkeit wird als bewusstes Handeln dargestellt, nicht nur als bloße, auf irrationale Eingebung reduzierte Geistesarbeit. Er unterlässt jede Stilisierung und liefert stattdessen eine auf bedachtem Herangehen basierende Geschichte der Etablierung eines jungen Schriftstellers.

Weniger gewillt, die eigene literarische Tätigkeit zu thematisieren, zeigt sich Bärfuss im Rahmen seiner Vorlesungen in Bamberg,15 wo er 2015 eine Poetikprofessur innehatte. Bewusst verzichtet er hier auf die Deutung seiner Tätigkeit: „Vielleicht ist das eine Illusion, aber ich fürchte, dass alles, was ich heute definiere, ich schon morgen widerlegen muss. Die Kunst hat mich das gelehrt. Was heute noch richtig war, ist schon morgen ein Irrweg.“16 Bärfuss scheint sich hier der Gefahr entziehen zu wollen, etwas ‚Wesentliches‘ über sein Werk zu sagen. Er kommt in dem anlässlich seiner Poetikprofessur herausgegebenen Sammelband zwar doppelt zu Wort (Antrittsvorlesung, Interview), schafft damit aber lediglich den Rahmen, innerhalb dessen seine Dramen- und Prosawerke literaturwissenschaftlich reflektiert werden. Eine noch prägnantere Parallele, als Bärfuss sie für die Bedeutung des Lesens und Schreibens17 formuliert, findet er für sein Verhältnis zum Theater.18 Hier sei es zunächst sein Vorstellungsvermögen, das ihm helfe, die körperliche Präsenz der Darsteller auf der Bühne in adäquater Weise zu lenken und zu dosieren, doch stelle seine Teilnahme bei einer Aufführung seiner Stücke für ihn ein ambivalentes Ereignis dar:

Und man ahnt natürlich, nachdem man sich auf seinen Platz gesetzt hat, zehn Minuten vor Vorstellungsbeginn, dass die Inszenierung an diesem Text nur scheitern kann, wie jede Theateraufführung scheitern muss, weil sie mit der Unvollkommenheit der dinglichen Welt zu kämpfen hat, der Dichter hingegen sich in der Sicherheit der abstrakten Begriffe austoben kann.19

Das Spannungsverhältnis zwischen Text und dessen Realisierung auf der Bühne ist für Bärfuss folglich ein immer schon gegebenes. Sprachliche Konstellationen, die auf dem Papier tragfähig wirken mögen, können sich bei der Inszenierung als ungeeignet bzw. irritierend erweisen. Der Autor nehme diese Gefahr sehr deutlich wahr und ‚leide‘, bis er persönlich bezeugen könne, ob die Reaktion des Publikums wohlwollend oder ablehnend ausfalle. Dass das Spannungsverhältnis zwischen Text und Theater als solches jedoch nicht auflösbar ist, begründet sich für Bärfuss in der Beschaffenheit von Theater – der Aktualisierung der Inszenierung und des Publikums bei jeder Vorstellung: „Alles wird im Theater zum Zeichen, und alles ist Teil der Gesellschaft, die sich hier einfindet.“20

Bei Fragen nach der Funktion21 und dem Zustandekommen22 von Theater, flüchtet sich Bärfuss nicht in abstrakte Argumentationen. Denn in einer Welt, in der sich der Sinn der Dinge nach messbaren, materiell verankerten Kriterien definiert, finde Theater kaum einen festen Boden für seine Rechtfertigung. Ähnlich verhalte es sich mit moralischen Gründen, die für einen Kunstkonsum sprechen könnten. So würden nach Bärfuss Theater wie Lesungen des Vergnügens wegen besucht werden. Auch das Wesen der Kunst im Allgemeinen wird von Bärfuss praxisbezogen definiert: Unter Einbeziehung der verschiedenen für die jeweilige Vorführung nötigen Mitwirkenden könne ein Mehrwert in Form von Kunst geschaffen werden.

Suizid und Schweigen. Tabuthemen in Essays und Prosa von Lukas Bärfuss

Unter den Gemeinsamkeiten, die Bärfuss’ nonfiktionale und fiktionale Texte aufweisen, tritt eine besonders stark in den Vordergrund. Das Motiv des Todes bzw. Freitodes23 und dessen Nichtthematisierung sind etwa bedeutsame Topoi im Roman Koala oder im Essay Der Ort der Dichtung. Zu Heinrich von Kleist. Zwischen diesen zwei Texten besteht nicht nur ein motivischer, sondern auch ein intertextueller Bezug, wie auch Jan Süselbeck ausführt:

Die zentrale Figur in dem intertextuellen Verweissystem, das der Autor in diesem Kaleidoskop multipler Persönlichkeiten konstituiert hat und in dem er nicht zuletzt immer wieder auf sich selbst zurückdeutet, ist Heinrich von Kleist, der zeitweise ein einfaches Leben in jener Schweizer Provinzstadt zu führen versuchte, aus der Lukas Bärfuss stammt: Thun.24

Das Vorkommen von H. von Kleist im Essay und sein Vorkommen im Roman lassen sich als komplementär verstehen. Obwohl es eingangs in Koala heißt, der Ich-Erzähler sei einer Einladung gefolgt, „über einen deutschen Dichter“ einen Vortrag zu halten, „der […] am Wannsee in Berlin eine Mulde gesucht und danach seiner Freundin Henriette Vogel ins Herz und schließlich sich selbst eine Kugel in den Rachen geschossen hatte“25, erfährt man über den Inhalt des Vortrags recht wenig; nach kaum einer Seite Text, der mehr oder minder die bekannten Eckdaten des Lebens von H. von Kleist in geraffter Form präsentiert, richtet der Erzähler seinen Blick auf die Ereignisse, die nach dem Vortrag in einer berüchtigten Schenke in Gesellschaft einer „asiatischen Schönheit“26 erfolgten. Somit bleibt eine tiefergehende Auseinandersetzung mit Werk und Wirkung Kleists aus. Immer mehr Raum wird hingegen dem durch Suizid aus dem Leben geschiedenen Halbbruder des Erzählers, später dann der kolonialen Geschichte Australiens gewidmet, um den Plot mit der Schilderung des Begräbnisses, mit zahlreichen intertextuellen Verweisen und unzuverlässigen Aussagen des Erzählers,27 abzuschließen.

Im bereits erwähnten Kleist-Essay hingegen werden zahlreiche Facetten des Kleist’schen Werkes beleuchtet, wiederum stellt Bärfuss jedoch einen Bezug zur eigenen Biografie her, indem er die Beziehung zu seinem Vater in den Fokus der Auseinandersetzung rückt. Ähnlich wie beim Bruder-Verhältnis in Koala kommt das Interesse am Verwandten erst nach dessen Tod auf; anhand einer Befragung von Freunden und Familienmitgliedern wird ein Bild des Verstorbenen nachgezeichnet. Der unzuverlässige Erzähler in Koala wird an dieser Stelle durch einen unzuverlässigen Autor ersetzt: „Aber es gibt trotzdem eine Verbindung zwischen meiner Geschichte, meinem verstorbenen Vater und diesem Heinrich von Kleist, eine sehr irritierende, und ich will versuchen, sie nicht zu stilisieren, aber ich fürchte, dass mir das schwerfallen wird.“28 Solch eine Äußerung hat freilich lediglich symbolischen Charakter, da die Möglichkeit, das Erzählte auf die Wahrhaftigkeit hin zu befragen, ohnehin kaum besteht. Anders verhält es sich auf der intertextuellen Ebene bezüglich Fehlinformationen in Bärfuss’ Texten, die Süselbeck in seinem Artikel aufdeckt.

Obwohl der Ich-Erzähler in Koala vom Tod seines Halbbruders tief erschüttert und dadurch zu weitgehenden Recherchen angestoßen wird, verdrängt er am Ende des Romans diese innere Auseinandersetzung durch eine neue schriftstellerische Arbeit.29 Beim Tod des Vaters im Essay fällt die Verknüpfung mit der Schriftstellerwerdung viel mehr ins Gewicht: „Er starb zu einem Zeitpunkt, als ich gerade beschlossen hatte, Dichter zu sein. Ich hatte meine Stelle als Buchhändler gekündigt und behauptete nun allenthalben, ich sei freier Schriftsteller.“30 Auch wenn die Schlussfolgerung verlockend sein mag, ein Lebensabschnitt von Bärfuss sei hier durch einen anderen abgelöst worden, scheint diese Deutung nicht hinreichend belegbar. Eine Geschichte über seinen verstorbenen Vater spornt den jungen Schriftsteller zwar zum Schreiben an, diese Geschichte thematisiere er jedoch nicht explizit, es reicht ihm lediglich ihr abstraktes Vorhandensein aus.31 Die Motivation für das Schreiben stellt in diesem wie auch im Falle des verstorbenen Halbbruders das Schweigen anderer dar. Wo man sich nicht mehr auf das einfach Abrufbare stützen konnte, begann die Imagination zu walten, um die dadurch entstandenen Wissenslücken schließen zu können.

Die Thematisierung des Schweigens, welches an die Stelle der Verbalisierung des (Frei)todes tritt, lässt sich als gemeinsamer Nenner der nichtfiktionalen und fiktionalen Texte von Bärfuss betrachten. Ungeachtet dessen, über welches Thema der Autor schreibt, schwingt ein Tabubruch bzw. eine Abkehr vom Schweigen mit. So verfährt Bärfuss auch, wenn er sich mit der Problematik der Sterbehilfe auseinandersetzt. Bei der Hauptfigur des Theaterstücks Alices Reise in die Schweiz sieht sich Gustav Storm in die Position des Heilands hineinversetzt, indem er für seinen furchtlosen Kampf um die Aufrechterhaltung menschlicher Würde beim Sterben schwärmt.32 Ihre Krankheit wird vor allem von ihrer Mutter nie benannt, statt eines tiefgreifenden Gesprächs werden Alice lediglich banale Lösungen angeboten. Der Ursache des Leidens auf den Grund zu gehen, möchte die Mutter nicht und flüchtet sich ins Schweigen.

Zur Sterbehilfe und zum Sterbehilfetourismus nimmt Bärfuss auch in seinen Interviews eine skeptische Stellung ein.33 Um seine Überlegungen prägnant auf den Punkt bringen zu können, stützt er sich in der zweiten Bamberger Poetikvorlesung auf Schillers Konzeption von willkürlichen und unwillkürlichen Bewegungen, die auf der Feststellung beruht, dass die menschliche Gesellschaft bemüht sei, allen unwillkürlichen Bewegungen34 vorzubeugen, sie aus der Welt zu schaffen. Bärfuss zufolge habe die Gesellschaft dafür zwei Verfahrensweisen entwickelt:

Man verschreibt dem Todkranken die notwendigen Medikamente, die ihm eine gewisse Herrschaft über seine unwillkürlichen Bewegungen ermöglichen. Falls das nicht mehr gelingt, kann er die Dienste einer Organisation in Anspruch nehmen, die eine Therapie ersonnen hat, um noch die kleinste unwillkürliche Bewegung zu unterbinden. Allerdings, das ist ihr kleiner Fehler, unterbindet sie auch jede willkürliche. Ihre Methode, um die menschliche Würde zu schützen, ist der Tod, und der Name einer dieser Organisationen lautet „Dignitas“, das lateinische Wort für Würde.35

Um also vollständigen Kontrollverlust zu vermeiden, ist der Mensch bereit, zu extremen Mitteln zu greifen. Ähnlich gehe es, so Bärfuss, bei der pränatalen Diagnostik zu. Kinder, die geistig oder körperlich beeinträchtigt seien, würden heute kaum mehr geboren. „Das Gesunde wird zur Norm, und was die Norm ist, bestimmen die Starken. Der Begriff der Würde beginnt sich gegen die Schwachen zu wenden.“36Wann Moral gefragt ist, lässt Bärfuss unbeantwortet, klar stellt er jedoch, dass für Freiheit nur wenig Verständnis bleibe. Dieses sei dem Fortschritt zum Opfer gefallen.

Das Unbehagen angesichts der Abschaffung solch unwillkürlicher Bewegungen fand auch in Bärfuss’ dramatisches Schaffen Eingang. In Die sexuellen Neurosen unserer Eltern37, seinem wohl bekanntesten und meist gespielten Stück, bekommt Dora, ein intellektuell minderbemitteltes Mädchen von der Gesellschaft zuerst die Freiheit zur Selbstbestimmung geschenkt, um dieser im Nachhinein durch verlogene Argumente wieder entledigt zu werden. Reduziert man die Aufteilung der Machtverhältnisse in der Gesellschaft auf Schwache und Starke, pflegt Bärfuss, die Starken in Bezug auf ihre Verantwortung gegenüber den Leiden der Schwachen in den Fokus zu nehmen, ohne jedoch den Starken Verhaltensanweisungen zu geben.

Stimme zwischen Kunst und Wissenschaft

Im Weiteren wird der Umgang von Bärfuss mit der Literatur anderer betrachtet. Der Autor hält nicht nur – den Einladungen literarischer Gesellschaften folgend – Reden zu bedeutenden Persönlichkeiten des Kulturbetriebs, sondern einige seiner Essays führen sogar den Namen anderer Schriftsteller im Titel, wie Benjamin, Büchner, Brecht, Dürrenmatt, Frisch, Hesse, Lessing, Nietzsche, Shakespeare, Tschechow, Walser oder eben Kleist.38 Diese beiden Beobachtungen legen bereits nahe, dass eine Betrachtung von Bärfuss als Leser und Interpret von Literatur, lohnenswert sein kann.

Von den Autoren, für welche Bärfuss auch persönliche Sympathien hegt, wird einer von ihm selbst explizit als Vorbild und Lehrer hervorgehoben: Thomas Stearns Eliot. In der Ersten Bamberger Vorlesung, die unter dem Titel Verwandlungen erscheint, hält Bärfuss fest:

Praktischerweise war Eliot nicht nur ein großer Dichter, er hat seine Lyrik gleichzeitig mit einem ausgedehnten essayistischen Werk begleitet. Dieser Umstand ist nicht sehr häufig, es gibt nicht viele Dichter, die Sinnvolles über die eigene Gattung berichten können, über das Versmaß, den Stoff, die Metapher, den Entstehungsprozess eines Gedichtes.39

Bärfuss nennt in diesem Zusammenhang speziell den Essay Tradition und individuelles Talent, in dem Eliot Thesen zum Schriftstellerwerden aufstellt, die eine für Bärfuss unerwartete Richtung einschlagen. Tradition als die Gegenwart und die Vergangenheit beeinflussendes Phänomen zu begreifen, prägt die Literaturauffassung des jungen Bärfuss maßgeblich. Gerade der Moment der Überraschung, der Begegnung mit Unerwartetem, vorher nicht Antizipiertem, arbeitet Bärfuss anhand von Texten anderer Autoren für seine Essays heraus, was allerdings nicht nur auf der gedanklichen Ebene erfolgt. In den Szenen der Schilderungen seiner Lesererfahrungen, in denen besonders eindrückliche Lesererlebnisse vorkommen, erreichen diese fast physische Auswirkungen. So nennt Bärfuss in Bezug auf die Lektüre des Räuber-Romans von Robert Walser auch jene Augenblicke, in denen er eine wichtige Lehre aus diesem Buch gezogen hat: „Ich will nicht sagen, dass ich aufschrie oder auch nur zusammenzuckte. Wahrscheinlich bemerkten die Mitreisenden an mir keine Änderung, außer dass ich das Buch auf der Stelle zuklappte und weglegte. Denn es war klar: Walser sprach von mir! Er meinte mich!“40

Der Leser und Interpret Bärfuss bedient sich bei seiner Lektüre kaum literaturwissenschaftlicher Zugänge. Bezieht er sich jedoch einmal auf Beobachtungen von Dritten, so erfolgt dies eher diffus: „In Abhandlungen gescheiter Menschen kann man immer wieder lesen […].“41 Äußert sich Bärfuss in seinen Essays zur eigenen Lesesozialisation, erwähnt er so gut wie keine Autoritäten, die seine Herangehensweise an Literatur steuern. Dem jeweiligen literarischen Text nähere er sich meistens mithilfe eines close reading; sollte eine Kontextualisierung des Werkes des jeweiligen zu besprechenden Autors erfolgen, wie etwa bei philosophischen oder literaturwissenschaftlichen Kolloquien, auf denen Bärfuss Vorträge hält, wertet er sein Wissen oft als dieser Aufgabe nicht gewachsen, wie etwa 2016 bei seiner Rede auf einem Nietzsche-Kolloquium, die in Krieg und Liebe unter dem Titel Nietzsche und die Populisten veröffentlicht wurde. Seine Kenntnisse zur abendländlichen Philosophie seien marginal, seine ideengeschichtliche und kulturhistorische Einordnung von Nietzsches Werk würde entsprechend unzuverlässig ausfallen. Nicht die Gattung, sondern Nietzsches Worte, Sätze, ihr Rhythmus, der Gestus, die Haltung würden von ihm gedeutet. „[A]ls Künstler, als Lesender, als Zeitgenosse“ horche Bärfuss nach dem Echo, das seine Erfahrungen und Empfindungen zurückwerfen.42 Wieder auf seine mangelnde Ausbildung rekurrierend strebt Bärfuss keine wissenschaftliche Positionierung an, sondern entwickelt aus der Lektüre heraus Fragen und mögliche Antworten, die zeitgenössischen Problemstellungen (wie etwa Populismus) entsprechen. Da er sich seiner Position als Künstler bewusst sei, wird Nietzsches Werk von ihm als mögliche Inspirationsquelle mit klaren Worten ausgeschlagen. Sogar pathetische Passagen und Aussagen, die die Grenze zum Anekdotischen längst überschritten haben, sind vorhanden.43 Im Umfang sind die Essays, die anderen Schriftstellern und ihrem Schaffen gewidmet sind, als kurze Skizzen angelegt, die meistens ein einziges Werk fokussieren. Die von Bärfuss ergriffene Sichtweise ist meistens originell, er arbeitet sich nicht an allgemein bekannten oder sich im jeweiligen Zusammenhang immer wieder vorkommenden Aussagen ab. Dennoch ist auffallend, dass er die Thesen anderer Interpreten nicht angreift. Seine Essays sind frei von polemischen Ambitionen. Ziel ist es eher, eine auf grundlegenden Beobachtungen basierende Aussage abzugeben, die nicht selten mit der Bärfuss’schen Biografie verzahnt wird. Obwohl der Interpret Bärfuss größtenteils sachlich argumentiert, kommt es immer wieder vor, dass er sich die eine oder andere Pointe44 nicht verkneift. Darüber hinaus grenzen sich seine Ausführungen insofern von wissenschaftlichen ab, als Bärfuss die Biografie der jeweiligen Autoren gewissermaßen ‚überbetont‘ und in Hinblick auf biografische Einzelereignisse, wie bereits erwähnt, mit der eigenen Biografie in Beziehung bringt. Bespricht er dramatische Texte, ist neben den Ansichten eines empfindsamen Lesers, in den Ausführungen vor allem eine Stellungnahme des Theatermenschen Bärfuss präsent. Neben der Erfahrung mit der Textrezeption und -produktion schwingt hier auch Bärfuss’ Erfahrung als Regisseur und Dramaturg mit. Somit wird neben den Gedankengängen auch eine praxisbezogene Basis geschaffen.45

Besonders prekär ist für den öffentlichen Intellektuellen Lukas Bärfuss46 die Auseinandersetzung mit den schillernden Autoren der Schweizer Nachkriegsliteratur – Max Frisch und Friedrich Dürrenmatt. Obwohl die Essays zum einen und zum anderen unmittelbar aufeinander entstanden, könnten sie in Umfang und Komplexität kaum unterschiedlicher sein. Während Dürrenmatts Das Versprechen innerhalb von nicht einmal vier Seiten abgehandelt wird, umfasst der Frisch-Essay fünfzehn Seiten. Inhaltliche Vergleiche zwischen den Texten lassen sich kaum ziehen, auffällig ist jedoch, dass Bärfuss weitgehend auf Erläuterungen bezüglich des Einflusses dieser Autoren auf sein eigenes Schaffen verzichtet. Er bleibt nüchtern in seinen Ausführungen, was darauf schließen lässt, dass er sich seiner Position in der Schweizer Literatur und seiner journalistischen, teilweise auch literaturwissenschaftlichen Etikettierung wohl bewusst ist. Sollte er explizit auf die Verbindungslinien zwischen seinem literarischen Dasein und der Wirkung zweier literarischer Größen aufmerksam machen, würde er sich wohl dem Vorwurf der Anmaßung stellen müssen.

Strategien der Selbstdarstellung. Eine Schlussfolgerung

Das literarische Feld ist symbolisch dominiert und Kunstschaffende streben nach Anerkennung.47 Da nicht nur die fiktionalen, sondern auch nichtfiktionalen Texte wie etwa Essays bei diesem Bestreben eine wichtige Rolle spielen, kann man sie als Äußerungen lesen, die dem Habitus des Schriftstellers und dadurch seiner Anerkennung zugutekommen. Lukas Bärfuss hat auf dem literarischen Feld eine prominente Stellung eingenommen, einerseits aufgrund seiner literarischen Qualitäten, andererseits auch aufgrund der Beschaffenheit dieses Feldes, welche im folgenden Zitat erläutert wird:

Die geringe Kodifizierung des literarischen Feldes meint auch, dass es, im Unterschied zum akademischen Feld, dem religiösen Feld oder dem politischen Feld, über keine durch Ausbildung legitimierten Eintrittsvoraussetzungen verfügt […]. Durch die Durchlässigkeit und strukturelle Offenheit wird das literarische Feld gerade nicht durch Hierarchien definiert, wie sie in anderen Feldern vorgegeben sind, sondern durch permanente, dynamische und ihre Wertigkeit durch Relationen und Repräsentationen erlangenden Positionierungen […].48

Von dem literarischen Feld aus unternimmt Bärfuss Exkurse in die Philosophie, Literaturwissenschaft, Politikwissenschaft oder Soziologie. Exkurse die er wohl nur unternehmen kann, weil er als öffentlicher Intellektueller etabliert ist. Dennoch vergisst Bärfuss nicht, seine schriftstellerischen Wurzeln zu betonen.

Die erste These dieses Beitrags bezieht sich auf die Bedeutung der Literatur für sein Privat- wie auch Schriftstellerleben. Die vorigen Kapitel stellten fest, dass Literatur in beiden Bereichen nahezu omnipräsent ist. In der Jugend verlieh sie Bärfuss Wertschätzung und verhalf ihm zu einer besseren materiellen und vor allem sozial anerkannten Existenz. Im Privaten waren es der Tod seines Halbbruders sowie seines Vaters, die ihm als literarische Vorlage dienten. In schwierigen Lebensphasen bot das Schreiben für seinen Erzähler in Koala wie auch für ihn selbst in seinen Essays einen Ausweg. Die Lektüre im Allgemeinen hat nach Bärfuss’ Darstellung eine starke lebensbeeinflussende, ja -rettende Funktion.

Stellt man Bärfuss’ fiktionale und nichtfiktionale Texte einander gegenüber, kann man die wichtigen und prägendsten Momente seiner Autobiografie ableiten. Bärfuss’sche Erzähler und Theaterfiguren sowie der Autor selbst versuchen, sich den mit Schweigen belegten Tabuthemen anzunähern. Themen wie etwa Suizid oder der Umgang mit den Persönlichkeitsrechten von Behinderten lösen Unbehagen in der Gesellschaft aus. Bärfuss Ziel ist es, auf dieses Unbehagen hinzudeuten, es kritisch zu hinterfragen.

Betritt Bärfuss ein anderes als das oben angesprochene Feld, wie etwa die Literaturwissenschaft oder die Philosophie, so tut er dies stets als Schriftsteller. Er versucht sich nicht, in eine andere Rolle hineinzuversetzen, indem er diese Herangehensweise meistens gleich anfangs transparent macht. Wenn er sich zu anderen Literaten oder Philosophen äußert, tut Bärfuss dies ausschließlich, indem er fragt – Welche Lehre kann ich aus der Auseinandersetzung mit der jeweiligen Persönlichkeit oder dem jeweiligen Werk für mich selbst ziehen? Wie korrespondiert das, womit ich mich auseinandersetze, mit meiner eigenen Gedankenwelt. Diese Position ermöglicht, als Außenstehender Aussagen abzugeben, ohne in eine Diskussion auf einem anderen Feld involviert sein zu müssen.

Kommt man abschließend auf das oben angeführte Zitat von John-Wenndorf zurück, muss man die Dynamik des literarischen Felds nochmals betonen. Lukas Bärfuss’ Selbstdarstellungspraxis lässt sich folgendermaßen verdeutlichen: Alles was gedacht oder getan wird, wird durch die literarische Perspektive fokussiert. Wird ein Thema behandelt, dann eben jenes zu dem der Schriftsteller Lukas Bärfuss einen persönlichen Bezug hat. dies ermöglicht ihm, im passenden Moment eine Stellung zum entsprechenden literarischen, philosophischen oder gesellschaftlichen Phänomen einzunehmen, um wenn nötig, sich zurückzuziehen, indem die persönliche Perspektive hervorgehoben wird. Diese Position ist flexibel genug, um der Dynamik des literarischen Feldes gerecht zu werden.

Literaturverzeichnis

Primärliteratur
Bärfuss, Lukas: Feuerofen. In: Stil und Moral. Essays. Göttingen 2015, S. 10-18.
Bärfuss, Lukas: Offenbarung. In: Stil und Moral. Essays. Göttingen 2015, S. 39-42.
Bärfuss, Lukas: Die zwölfte Replik. Zu Anton Tschechows „Drei Schwestern“. In: Stil und Moral. Essays. Göttingen 2015, S. 45-53.
Bärfuss, Lukas: Der Augenblick der Sprache. Zu Robert Walsers „Räuber“-Roman. In: Stil und Moral. Essays. Göttingen 2015, S. 54-59.
Bärfuss, Lukas: 9 ½ Wochen in der Provinz. Zu Gotthold Ephraim Lessings „Miss Sara Sampson“. In: Stil und Moral. Essays. Göttingen 2015, S. 78-87.
Bärfuss, Lukas: Der Ort der Dichtung. Zu Heinrich von Kleist. In: Stil und Moral. Essays. Göttingen 2015, S. 108-130.
Bärfuss, Lukas: Ode an die Lehrer. In: Stil und Moral. Essays. Göttingen 2015. S. 151-161.
Bärfuss, Lukas: Stil und Moral. In: Stil und Moral. Göttingen 2015. S. 221-229.
Bärfuss, Lukas: Walter Benjamin und der Konformismus. In: Krieg und Liebe. Essays. Göttingen 2018, S. 85-88.
Bärfuss, Lukas: Nietzsche und die Populisten. In: Krieg und Liebe. Essays. Göttingen 2018, S. 101-113.
Bärfuss, Lukas: Freude und Notwendigkeit. In: Krieg und Liebe. Essays. Göttingen 2018, S. 143-147.
Bärfuss, Lukas: Politik und Theater. In: Krieg und Liebe. Essays. Göttingen 2018, S. 148-152.
Bärfuss, Lukas: Zahnschmerzen. Zweite Bamberger Poetikvorlesung. In: Krieg und Liebe. Essays. Göttingen 2018, S. 173-203.
Bärfuss Lukas: Worüber man nicht schreiben soll. Rede an junge Journalisten. In: Krieg und Liebe. Essays. Göttingen 2018, S. 249-262.
Bärfuss, Lukas: Suissemania oder Die Schweiz ist des Wahnsinns. In: Krieg und Liebe. Essays. Göttingen 2018, S. 263-271.
Bärfuss, Lukas: Verwandlungen. In: Gunreben, Marie; Marx, Friedhelm (Hrsg.): Handlungsmuster der Gegenwart. Beiträge zum Werk von Lukas Bärfuss. Würzburg 2017. S. 17-25.
Bärfuss, Lukas: Alices Reise in die Schweiz. In: Alices Reise in die Schweiz. Die Probe. Amygdala. Stücke. Göttingen 2007, S. 9-57.

Bärfuss, Lukas: Die sexuellen Neurosen unserer Eltern. In: Meienbergs Tod. Die sexuellen Neurosen unserer Eltern. Der Bus. Stücke. Göttingen 2015. S. 71-127.
Bärfuss, Lukas: Koala. Göttingen 2014, 182 S.

Sekundärliteratur
Bandle, Rico: Dieter Meier attackiert Lukas Bärfuss im eigenen Restaurant. URL: https://www.tagesanzeiger.ch/kultur/buecher/Dieter-Meier-attackiert-Lukas-Baerfuss-im-eigenen-Restaurant/story/21435246 (aufgerufen am 3.3.2018).
Bourdieu, Pierre: Die Regeln der Kunst. Genese und Struktur des literarischen Feldes. Frankfurt am Main 1999. S. 551.
Ebel, Martin: Internet hat keine Toilette. URL: https://www.tagesanzeiger.ch/kultur/buecher/Das-Internet-hat-keine-Toilette-/story/19129335 (aufgerufen am 19.4. 2018).
John-Wenndorf, Carolin: Der öffentliche Autor. Über die Selbstinszenierung von Schriftstellern. Bielefeld 2014, S. 387.
Scholl, Joachim (Moderation): Sterbehilfe auch für Gesunde? Autor Lukas Bärfuss kritisiert niederländische Initiative. URL: http://www.deutschlandfunkkultur.de/sterbehilfe-auch-fuer-gesunde.954.de.html?dram:article_id=145391 (aufgerufen am 19.4.2018).
Steier, Christoph: Fallen, Finten, Kammerspiele. Der Erzähler Lukas Bärfuss. In: Gunreben, Marie; Marx, Wilhelm (Hrsg.): Handlungsmuster der Gegenwart. Beiträge zum Werk von Lukas Bärfuss. Würzburg 2017, S. 27–39, hier S. 27.
Süselbeck, Jan: Der Pfeifer, der Seher, der Gefangene. Über den Prosautor Lukas Bärfuss und seinen Ort in der Gegenwartsliteratur. In: Gunreben, Marie; Marx, Friedhelm (Hrsg.): Handlungsmuster der Gegenwart. Beiträge zum Werk von Lukas Bärfuss. Würzburg 2017. S. 41-52.


  1. Der mit zahlreichen Attributen belegte Schweizer Autor (geboren 1971, Thun) hat in den letzten 20 Jahren eine Novelle, drei Romane, zwei Essaybände und mehr als zwanzig Theaterstücke veröffentlicht bzw. auf die Bühne gebracht.
  2. Den Durchbruch erfuhr er mit dem Stück Meienbergs Tod (UA, 2001), es folgten die viel gespielten und in zahlreiche Sprachen übersetzten Stücke Die sexuellen Neurosen unserer Eltern (UA, 2003) und Alices Reise in die Schweiz (UA, 2005) und mehrere andere.
  3. Vgl. Steier, Christoph: Fallen, Finten, Kammerspiele. Der Erzähler Lukas Bärfuss. In: Gunreben, Marie; Marx, Wilhelm (Hrsg.): Handlungsmuster der Gegenwart. Beiträge zum Werk von Lukas Bärfuss. Würzburg 2017, S. 27–39, hier S. 27.
  4. Vgl. ebd. S. 28.
  5. Etwa die Kritik an der Position der Schweiz zur Flüchtlingsfrage, dem Rechtsruck usw. Vgl, Bärfuss, Lukas: Suissemania oder Die Schweiz ist des Wahnsinns. In: Krieg und Liebe. Essays. Göttingen 2018, S. 263–271.
  6. Beispielsweise FAZ, Die Welt, Tages-Anzeiger, NZZ.
  7. Stil und Moral (2015) und Krieg und Liebe (2018).
  8. Vgl. Bourdieu, Pierre: Die Regeln der Kunst. Genese und Struktur des literarischen Feldes. Frankfurt am Main 1999. S. 409f.
  9. Bärfuss, Lukas: Feuerofen. In: Stil und Moral. Essays. Göttingen 2015, S. 10–18, hier S. 15.
  10. Bärfuss, wie Anm. 9, S. 18.
  11. Vgl. Bärfuss Lukas: Worüber man nicht schreiben soll. Rede an junge Journalisten. In: Krieg und Liebe. Essays. Göttingen 2018, S. 249–262, hier. S. 249.
  12. Bärfuss, Lukas: Ode an die Lehrer. In: Stil und Moral. Essays. Göttingen 2015. S. 151–161, hier S. 151.
  13. Bärfuss, wie Anm. 9, S. 18.
  14. Bärfuss, Lukas: Walter Benjamin und der Konformismus. In: Krieg und Liebe. Essays. Göttingen 2018, S. 85–88, hier S. 85.
  15. Zu diesem Anlass entstand der bis anhin letzte Sammelband, aus dem mehrmals zitiert wird.
  16. Bärfuss, Lukas: Verwandlungen. In: Gunreben, Marie; Marx, Friedhelm (Hrsg.): Handlungsmuster der Gegenwart. Beiträge zum Werk von Lukas Bärfuss. Würzburg 2017. S. 17–25, hier 17.
  17. Es wird nicht spezifiziert, ob es sich um ein Schreiben von Prosa- oder Dramenwerken handelt.
  18. Vgl. Bärfuss, Lukas: Offenbarung. In: Stil und Moral. Essays. Göttingen 2015, S. 39–42, hier S. 39. oder Vgl. Bärfuss, Lukas: Die zwölfte Replik. Zu Anton Tschechows „Drei Schwestern“. In: Stil und Moral. Essays. Göttingen 2015, S. 45–53, hier S. 45.
  19. Bärfuss, Lukas: Die zwölfte Replik. Zu Anton Tschechows „Drei Schwestern“. In: Stil und Moral. Essays. Göttingen 2015, S. 45–53, hier S. 48.
  20. Ebd. S. 53.
  21. „Die Frage, ob und wozu das Theater Neumarkt, ob irgend ein Theater notwendig sei, kann man zügig und abschließend beantworten: Nein, das Theater ist gewiss nicht notwendig.“ Bärfuss, Lukas: Freude und Notwendigkeit. In: Krieg und Liebe. Essays. Göttingen 2018, S. 143–147, hier 143.
  22. „Ich habe das, was ich zu brauchen meinte, eigentlich nie erhalten. Die Schauspieler haben meine Texte anders gelesen, die Regie hat andere Bilder gefunden, das Publikum hat anders reagiert. In dieser Differenz zwischen meinen Anspruch und meiner Wirkung, erfuhr ich die Kunst.“ Bärfuss, Lukas: Poetik und Theater. In: Krieg und Liebe. Essays. Göttingen 2018, S. 148–152, hier 151.
  23. Das offene Ende seines letzten Romans Hagard (2017) kann man auch als einen möglichen Freitod deuten.
  24. Süselbeck, Jan: Der Pfeifer, der Seher, der Gefangene. Über den Prosautor Lukas Bärfuss und seinen Ort in der Gegenwartsliteratur. In: Gunreben, Marie; Marx, Friedhelm (Hrsg.): Handlungsmuster der Gegenwart. Beiträge zum Werk von Lukas Bärfuss. Würzburg 2017. S. 41–52, hier 48.
  25. Bärfuss, Lukas: Koala. Göttingen 2014, S. 5.
  26. Ebd. S. 9.
  27. Vgl. Süselbeck, wie Anm. 24, S. 49f.
  28. Bärfuss, Lukas: Der Ort der Dichtung. Zu Heinrich von Kleist. In: Stil und Moral. Essays. Göttingen 2015, S. 108–130, hier S. 123.
  29. Vgl. Bärfuss, wie Anm. 25, S. 182.
  30. Bärfuss, wie Anm. 28, S. 125.
  31. Vgl. ebd.
  32. Bärfuss, Lukas: Alices Reise in die Schweiz. Die Probe. Amygdala. Göttingen 2007, S. 9-57, hier 12.
  33. Vgl. Scholl, Joachim (Moderation): Sterbehilfe auch für Gesunde? Autor Lukas Bärfuss kritisiert niederländische Initiative. URL: http://www.deutschlandfunkkultur.de/sterbehilfe-auch-fuer-gesunde.954.de.html?dram:article_id=145391 (aufgerufen am 19.4.2018).
  34. Damit sind physische Vorgänge gemeint, die vom menschlichen Willen unabhängig sind.
  35. Bärfuss, Lukas: Zahnschmerzen. Zweite Bamberger Poetikvorlesung. In: Krieg und Liebe. Essays. Göttingen 2018, S. 173–203, hier S. 185f.
  36. Ebd. S. 186.
  37. Über seine Intentionen bezüglich dieses Stücks äußert sich Bärfuss folgendermaßen: „Ich wollte eine Geschichte über die Zwangsmaßnahmen in der Schweizerischen Psychiatrie schreiben, und das, was dabei herausgekommen ist, Die sexuellen Neurosen unserer Eltern, ist eine Liebesgeschichte, eine Geschichte der Passionen, des Begehrens, eine Geschichte über die Frage, welchen Körper wir als schön empfinden.“ Bärfuss, Lukas: Politik und Theater. In: Krieg und Liebe. Essays. Göttingen 2018, S. 148–152, hier S. 151.
  38. In den Bänden Stil und Moral und Krieg und Liebe ist den Auseinandersetzungen mit anderen Schriftstellern jeweils sogar ein ganzer Buchteil gewidmet.
  39. Bärfuss, wie Anm. 16, S. 18.
  40. Bärfuss, Lukas: Der Augenblick der Sprache. Zu Robert Walsers „Räuber“-Roman. In: Stil und Moral. Essays. Göttingen 2015, S. 54–59, hier S. 56f.
  41. Ebd. S. 57.
  42. Bärfuss, Lukas: Nietzsche und die Populisten. In: Krieg und Liebe. Essays. Göttingen 2018, S. 101–113, hier S. 101f.
  43. „Lassen Sie mich ehrlich seien: Nietzsche hat mich kaum beeinflusst. Und wenn ich noch ehrlicher bin, dann gebe ich zu: Ich bin froh darum. Ich habe einiger meiner Freunde über der Nietzsche-Lektüre ihren Verstand verlieren sehen. Kaum zwanzig Jahre alt, ließen sie sich Kinnbärte wachsen, gingen mit verschränkten Armen stundenlang im Kreis und schrien unverständliche Verse aus dem Zarathustra in den Sonntagmorgen.“ Ebd. S. 112.
  44. Vgl. Bärfuss, Lukas: Verwandlungen. In: Gunreben, Marie; Marx, Friedhelm (Hrsg.): Handlungsmuster der Gegenwart. Beiträge zum Werk von Lukas Bärfuss. Würzburg 2017. S. 17–25.
  45. Vgl. Bärfuss, Lukas: 9 ½ Wochen in der Provinz. Zu Gotthold Ephraim Lessings „Miss Sara Sampson“. In: Stil und Moral. Essays. Göttingen 2015, S. 78–87, hier S. 78.
  46. Es werden Bärfuss Vergleiche mit Max Frisch nahegelegt. Vgl. etwa Ebel, Martin: Internet hat keine Toilette. URL: https://www.tagesanzeiger.ch/kultur/buecher/Das-Internet-hat-keine-Toilette-/story/19129335 (aufgerufen am 19.4. 2018).
  47. Bourdieu, wie Anm. 8, S. 409f.
  48. John-Wenndorf, Carolin: Der öffentliche Autor. Über die Selbstinszenierung von Schriftstellern. Bielefeld 2014, S. 27.